Schon seit Tagen, seitdem der Kastenwagen mit dem Logo der Schornsteinfegerfirma in der Nachbarschaft regelmäßig parkt, halte ich Ausschau nach „meinem Glücksbringer“. Nur den dazugehörigen Fahrer erwische ich nie.

Früher als über den Dächern der Stadt die Rauchschwaden aus den unzähligen Schornsteinen der Kamine und Kachelöfen emporstiegen, gehörte der Schornsteinfeger zum alltäglichen Bild in den (Kehr-)Bezirken. Die Einwohner kannten „ihren“ Kehrer, wie er „seine“ Abzüge kannte. Der Schornsteinfeger stand für die Bändigung des überlebenswichtigen Feuers an einer bestimmten Feuerstelle in einer festen Behausung. Er sorgte für Sicherheit vor Bränden und giftigen Gasen – glücklich daher derjenige, der einen Meister dieses Handwerks bei sich begrüßen konnte. Und auch bei uns in der Straße war das Glückssymbol auf zwei Beinen früher noch öfter anzutreffen. Schon wir Kleinsten schauten uns den Brauch ab, den „schwarzen Mann“ freundlich zu grüßen und sich an einem der goldenen Knöpfe etwas Glück zu erdrehen. 

Meßgeräte ergänzen die Stoßbesen und Hexen, Multifunktionskleidung die Koller und Zylinder.

Plötzlich geht eine Haustür auf und da steht er. Aber was soll das denn? Kein rußig-schwarzes Gesicht, stattdessen irgendein Display in der Hand. Angesichts neuer Heiztechnologien wandeln sich Arbeitskleidung und Gerät. Endoskope, Sonden und Wärmekameras und Meßgeräte ergänzen die Stoßbesen, Kehrgeräte und Hexen; Käppis, Multifunktionshosen und -Jacken die klassischen Koller und Zylinder. 

Doch selbst die Schornsteinfeger, die zur Polyesterjacke mit Reißverschluß greifen, nähen sich offenbar noch gern griffbereit einen traditionellen Goldknopf mit dem heiligen Florian an. Mein Gegenüber hat seinen mittig an der Latzhose befestigt. „Dürfte ich mir bitte etwas Glück abholen?“ frage ich. „Klar, aber immer doch!“ lacht der Schornsteinfeger zurück. Vielleicht hat er genauso lange wie ich auf einen Anhänger dieser alten Geste gewartet.