© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/19 / 03. Mai 2019

Aufgeschnappt
Politische Kaperfahrten
Matthias Bäkermann

Bei politischen Analysen hält es das Boulevardblatt Hamburger Morgenpost eher mit Klotzen statt Kleckern: „Bei der rechtsextremistischen Burschenschaft Germania hat es schon Tradition, den Marathon zu kapern.“ Die Journalisten warnten bereits am 25. April davor, daß die Großveranstaltung an Elbe und Alster mit 14.000 Läufern und mehreren hunderttausend Zuschauern von den schlagenden Verbindungsstudenten dafür mißbraucht wird, „Werbung für ihre fragwürdige Sache zu machen“. Ebenso empörte sich die Marathon-Abteilung des Vereins FC St. Pauli, wo Bekenntnisse zur Antifa mittlerweile zur Folklore gehören, gegen die „Instrumentalisierung des Hamburg-Marathons!“

Und tatsächlich konnte das konzertierte Haltungzeigen gegen Rechts sowohl Veranstalter als auch städtische Behörden überzeugen. Der übliche Freibierstand direkt an der Laufstrecke vor dem Burschenschafterhaus im Stadtteil Winterhude wurde tags zuvor von der Polizei mit Bauzäunen abgesperrt, mit weißen Folien als Sichtsperre versehen. Vielleicht müssen aber zum Marathon 2020 die Sperranlagen noch ausgebaut werden. Denn etlichen Läufern und Zuschauern gelang es vergangenen Sonntag, sich hinter der weißen Wand mit einer leichtalkolischen Erfrischung oder einer Bratwurst zu stärken.