© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/19 / 03. Mai 2019

Lobbyisten rechnen den CO2-Ausstoß von E-Autos schön
Stich ins grüne Wespennest
Jörg Fischer

In Berlin verdienen Taxifahrer ein paar Euro mehr als anderswo. Weil der Senat nach vier Jahren Stillstand die Tarife anheben will? Nein, das wäre nur ein Ausgleich für die gestiegenen Betriebskosten. Es ist der vor zehn Jahren begonnene Umstieg auf vernünftige Elektromobilität: Etwa jede fünfte Berliner Taxe ist ein Toyota Hybrid. Das ist zwar ein Schock für Mercedes-verwöhnte Fahrgäste, aber einer, der sich rechnet: Statt acht bis neun Liter Diesel sind es bei den Japanern nur vier bis sechs Liter Benzin.

Eine Ladesäule ist unnötig, der den feinstaubarmen Benziner helfende E-Motor wird via Ein-kWh-Batterie gespeist, die beim Bremsen aufgeladen wird. Daher gibt es für Prius+, Auris oder RAV4 auch keine 3.000 Euro Umweltbonus. Die werden nur für Plug-in-Hybride gezahlt – etwa den Mercedes E300e. Dessen 13,5-kWh-Akku kann via Steckdose aufgeladen werden. Das reicht für angeblich 47 Kilometer elektrisches Fahren, was den EU-Normverbrauch auf zwei Liter schönrechnet. Für den Tesla 3 werden sogar 4.000 Euro Prämie gezahlt – die Hälfte davon trägt der Steuerzahler. Warum?

„Über ein Fahrzeugleben hinweg liegen Elektroautos bei den CO2-Emissionen unterhalb ihrer mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Pendants“, behauptete das Bundesumweltministerium im Januar. Dem haben vor Ostern die Professoren Christoph Buchal und Hans-Werner Sinn sowie der Energieforscher Hans-Dieter Karl widersprochen (JF 18/19). Ihr Vergleich von Mercedes C 220d und Tesla 3 löste aber einen Shitstorm aus – zumindest in regierungsfrommen Medien: „Wie das Elektroauto schlechtgerechnet wird“, titelte etwa der Spiegel, doch was der Fahrradfan Holger Dambeck bot, ist mit Schönrechnen noch milde umschrieben. E-Lobbyist Stefan Hajek, Redakteur für „Innovation & Digitales“, argumentierte in der Wirtschaftswoche mit einer Akkuhaltbarkeit beim Tesla von 1,5 Millionen Kilometern.

Der Dieselgate-geschädigte VW-Konzern, der Investitionen von 30 Milliarden Euro in die E-Mobilität rechtfertigen muß, widersprach ebenfalls: Für den aktuellen Golf TDI ergebe sich „über den gesamten Lebenszyklus eine Emission von durchschnittlich 140 Gramm CO2 pro Kilometer, während der e-Golf1 einen Wert von 119 Gramm CO2 pro Kilometer erreicht“. Das stimmt, VW kann das umfassend belegen. Aber der Golf Diesel kommt mit einer Tankfüllung 800 bis 1.000 Kilometer, ein e-Golf1 laut ADAC kaum 200 Kilometer. Würde die mickrige Golf-Batterie auf Tesla-Niveau erweitert, müßte das VW-„Life-Cycle-Assessment“ die Berechnungen von Sinn & Co. prinzipiell bestätigen.

Übrigens: Außendienstler, die jährlich 50.000 Kilometer über deutsche Autobahnen düsen, werden das weder im Toyota Prius noch im Mercedes E300e oder gar im e-Golf machen. Da rechnet sich nur ein Diesel – den Toyota im Pkw- und VW im Kleinwagenbereich nicht mehr anbieten.