© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/19 / 03. Mai 2019

Zeitschriftenkritik: Umwelt & Aktiv
Von Nachhaltigkeit weit entfernt
Werner Olles

Wahre Horrornachrichten für Natur- und Tierschützer präsentiert das quartalsweise erscheinende Magazin für Naturschutz, Tierschutz und Heimatschutz Umwelt & Aktiv in seiner aktuellen Ausgabe (1/2019). So verloren Deutschland und Europa in den vergangenen dreißig Jahren 80 Prozent ihrer Insekten-Biomasse und 421 Millionen Vögel. Dennoch erlaubt die EU den jährlichen Abschuß von über 53 Millionen Wildvögeln. Hinzu kommt der dramatische Verlust durch Fang und Abschuß unserer Zugvögel bei ihren Reisen in den Süden und wieder zurück. Allein im Libanon beispielsweise liegt die geschätzte Zahl illegal getöteter Vögel bei jährlich mehr als 2,6 Millionen Tieren, vor allem auch Störche. Sehr beunruhigend ist auch die Aufhebung des Handelsverbotes mit Nashornpulver und Tigerknochen durch China. Künftig sollen diese Produkte in der Traditionellen Chinesischen Medizin wieder Verwendung finden, obwohl sie wissenschaftlich nachweisbar über keine medizinische Wirkung verfügen.

Im Titelthema der Zeitschrift wird das „Märchen von der Nachhaltigkeit“ kritisch beleuchtet. Der Begriff assoziiert den verantwortungsvollen Umgang mit unseren Ressourcen und steht seit etwa einem Vierteljahrhundert auf der politischen Agenda. Inzwischen ist er jedoch völlig abgenutzt, zählt zu den am meisten gebrauchten Signalwörtern und ist dennoch nur eine inhaltslose Phrase; denn hierzulande und auch anderswo sind wir von Nachhaltigkeit weiter entfernt denn je. Daran ändern auch die Tagungen und Konferenzen nichts, wie die UN-Klimakonferenz 2017 mit etwa 25.000 Teilnehmern und Kosten von über 117 Millionen Euro. Akteure der ökologischen Bewegung vermeiden mittlerweile das abgenutzte Wort der Nachhaltigkeit.

Zu dem negativen Gesamteindruck zählen auch die Windkraftanlagen mit ihrer Höhe von 200 Metern, die ein Fundament mit 1.500 Kubikmetern Beton, der mit 180 Tonnen Stahl armiert ist, benötigen. Auf dem 3.500 Tonnen schweren Fundament steht der Turm aus Stahlbeton-Segmenten, der 2.800 Tonnen auf die Waage bringt, allein das Maschinenhaus wiegt 340 Tonnen, die Rotorflügel aus glasverstärktem Kunststoff noch einmal 320 Tonnen. Übrigens müssen Windräder in der Regel alle zwanzig Jahre erneuert werden und sind daher alles andere als nachhaltig. 

Weltweit wurden bis jetzt über sieben Milliarden Smartphones produziert, viele von ihnen sind längst problematischer Elektroschrott. Die Produktion verschlang fast 1.000 Terawattstunden Strom, das entspricht etwa der kompletten jährlichen Energieversorgung Indiens. Für die Herstellung werden wertvolle Edelmetalle und seltene Erden benötigt, die mittels gesundheitsschädigender Chemikalien gefördert werden, ganz zu schweigen von der Ausbeutung von Mensch und Natur. Fast alle Geräte sind weniger als fünf Jahre im Einsatz, und 63 Prozent der Deutschen benutzen ein Modell, das nicht älter als ein Jahr ist. Nachhaltigkeit Fehlanzeige!

Kontakt: Verein Midgard e.V., Postfach 1432, 83264 Traunstein. Das Einzelheft kostet 4,90 Euro, ein Jahresabo 22 Euro.

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