© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/19 / 10. Mai 2019

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Jetzt geht’s zur Sache
Christian Vollradt

Es ist Wahlkampf. Nicht nur für das Europaparlament. Auch in der AfD-Bundestagsfraktion ist die heiße Phase eingeläutet. Denn die turnusgemäß im September anstehende Neuwahl des Fraktionsvorstands soll noch vor der Sommerpause stattfinden. Fraktionschef Alexander Gauland gab offiziell bekannt, er trete wieder an – am liebsten möchte er „wieder zusammen mit Frau Weidel Vorsitzender sein“. Spätestens seit diesem Votum dürfte der Doppelspitze wieder eine Mehrheit sicher sein.

Für die Positionen darunter, fünf Vizevorsitzende, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer und drei Parlamentarische Geschäftsführer (PGF) geht so ein Wahlkampf wie auch anderswo mit dem einen oder anderen Foulspiel via Presse einher. Da wird dann etwa gestreut, warum angeblich wer vor dem Karriere-Aus steht, etwa weil er (oder sie) angeblich „nicht stattgefunden“ habe. 

In die Kategorie „süß, aber vergiftet“ sortieren Mitglieder der Fraktionsführung auch das von einem der ihren befeuerte Gerücht, Mitarbeiter der Fraktion planten die Gründung eines Betriebsrats. So könnten „die berechtigten Anliegen aller Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter besser berücksichtigt werden, als das bisher der Fall gewesen ist“, schrieb Hansjörg Müller in einer internen Mail. Von „einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und dem in Kürze neu zu wählenden Fraktionsvorstand“ könne auch das Betriebsklima der gesamten AfD-Bundestagsfraktion profitieren, so Müller, der nach internen Querelen die Zuständigkeit für die Fraktionsfinanzen abgegeben hatte.

Nicht mehr für einen Posten als PGF kandidieren wird Michael Espendiller. Der junge Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen hatte diesen Entschluß bereits vor Wochen Gauland mitgeteilt und davon nun auch seine Fraktionskollegen in einer Mail unterrichtet. „Die administrative und organisatorische Arbeit als PGF hat viel Zeit in Anspruch genommen“, meinte Espendiller gegenüber der JUNGEN FREIHEIT rückblickend. „Wir waren ja Pioniere beim Aufbau einer neuen Fraktion im Bundestag.“ Er freue sich nun darauf, „daß ich mich künftig mehr der Fachpolitk vor allem im Ausschuß Digitale Agenda widmen kann“, sagte der promovierte Mathematiker. Espendiller war von den Fraktionsvorsitzenden auch mit Aufgaben betraut worden, mit denen man sich nicht überall Freunde macht. So hatte er in einer ersten Revision der Finanzen erhebliche Mißstände aufgedeckt, die dann anschließend von externen Wirtschaftsprüfern bestätigt wurden. Wegen Verstößen gegen das Abgeordnetengesetz zog der Vorstand auch personelle Konsequenzen in der Fraktionsverwaltung. Die turnusgemäße Wahl des neuen Fraktionsvorstands noch vor der Sommerpause zu absolvieren, hält Espendiller für enorm wichtig: „Der neue Vorstand braucht die sitzungsfreie Zeit während der Sommerpause, um sich einzuarbeiten“, ist der bis dato altersmäßig jüngste PGF überzeugt. 

Fraktionsvize Peter Felser bekräftigte gegenüber der JF indes, er wolle „gerne weiter die Verantwortung für die IT der Fraktion übernehmen“; ob weiter als Vize oder als PGF, lasse er noch offen.