© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/19 / 10. Mai 2019

Schwedendemokraten zieren sich
Schweden: Das Verhältnis zu Rußland könnte eine Kooperation der SD mit Lega & Co. verhindern
Christoph Arndt

In Schweden müssen die dominierenden Sozialdemokraten (SAP) erstmals seit Jahrzehnten um ihren Status als stärkste Partei bei einer landesweiten Wahl bangen. Die rechtskonservativen Schwedendemokraten (SD) könnten der große Gewinner der Europawahl werden und ihren Stimmenanteil deutlich ausbauen.

Die letzte Umfrage des Instituts SIFO vom April sieht die SD bei 20 Prozent, was ihre bisher beste landesweite Wahl wäre. Dabei könnte es zu einem Zweikampf mit den Sozialdemokraten um die stärkste Partei kommen, da die SAP nur noch bei 21 Prozent steht.

Die Schwedendemokraten um ihren Spitzenkandidaten Peter Lundgren könnten somit ihre Europaparlamentsmandate von zwei auf vier verdoppeln. Sie setzen dabei auf die Themen Asyl, Grenzsicherung und Rückbau der EU-Subventionen sowie der Strukturfonds. Ein Austritt Schwedens aus der EU ist nicht mehr Teil der SD-Programmatik, stattdessen soll die EU von Grund auf reformiert werden und Macht von Brüssel an die Nationalstaaten zurückverlagert werden.

Innenpolitisch erzielten die SD nach den Reichstags- und Kommunalwahlen 2018 die ersten politischen Gewinne, nachdem sie in den ersten beiden Legislaturperioden parlamentarisch weitgehend isoliert waren. So sind Moderaterna und die Christdemokraten (KD) jetzt grundsätzlich zu einer Zusammenarbeit mit Jimmie Åkessons Partei oder zumindest zu einer Tolerierung durch die SD bereit. Dies führte nach den langwierigen Regierungsverhandlungen auch zum Blockwechsel der Zentrumspartei und der Liberalen, welche jetzt eine rot-grüne Minderheitenregierung stützen. Zuvor hatten Moderaterna und Christdemokraten ihren Haushaltsentwurf für 2019 mit Stimmen der SD durchgesetzt. Auf kommunaler Ebene gibt es seit Herbst 2018 erste Koalitionen von Moderaten, KD und SD. Die Schwedendemokraten stellen hierbei drei Bürgermeister in südschwedischen Kommunen. Åkesson baut so an einem dauerhaften konservativen Block.

Für das künftige Europaparlament ist unklar, ob sich die SD der Europäischen Allianz der Menschen und Nationen (EAPN) um Lega-Chef Matteo Salvini anschließt. Der scheidende Vorsitzende der Reichstagsfraktion, Mattias Karlsson, ist skeptisch, ob eine solche einheitliche Fraktion überhaupt zustande kommt, da sich viele der in Frage kommenden Parteien in Sachfragen stark unterscheiden. Er führte in der schwedischen Tageszeitung Aftonbladet insbesondere die Rußland-Frage an, wo die SD eine rußlandkritische Position einnimmt. Derzeit gehört die SD der Gruppe der Europäischen Konservativen und Reformer (ECR) mit an, in der auch die polnische PiS oder die britischen Torys sitzen. Zuvor war sie aber in der radikaleren EFDD-Gruppe (Europa der Freiheit und der direkten Demokratie), zusammen mit der AfD und der Ukip. Eine weitere Zusammenarbeit mit der ECR ist laut Karlsson die erste Option für die SD.