© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/19 / 10. Mai 2019

Umwelt
Linksgrüner Ablaßhandel
Boris T. Kaiser

Das Mittelalter erlebt bei uns gerade in vielerlei Hinsicht eine Renaissance. Nicht nur durch die Wertvorstellungen von Millionen islamischen Einwanderern. Auch der Ablaßhandel ist, dank linksgrüner Ökoreligion, wieder zurück. Konnte man sich einst so Straffreiheit für Verstöße gegen die Gebote der katholischen Kirche erkaufen, kann man nun mittels eines Klimaschutzbeitrags sein Gewissen reinwaschen, wenn man sich an der Umwelt oder der eigenen Hypermoral versündigt hat. Wer zum Beispiel viel jettet, um bei Instagram Fotos vom eigenen weltweiten Kampf gegen die globale Erwärmung posten zu können, kann auf Internetseiten wie Atmosfair.de den CO2-Fußabdruck seines Flugs berechnen lassen und dafür den entsprechenden Ablaß zur Tilgung seiner ökologischen Schuld zahlen. Die Euro-Spende wird zertifiziert und ist steuerlich absetzbar.

Zeitgeistige Selbstkasteiung durch den Verzicht auf Fleisch und gut gekühlte Getränke.

Auch beim dieselnden Flixbus weiß man, was „junge, umweltbewußte Viel-Reiser“ wollen: Wer bei der Onlinebuchung ein Häkchen bei der Option „Klimaschutzbeitrag“ setzt, zahlt einen CO2-Aufschlag von ein bis drei Prozent und kann sich nun reinen Öko-Gewissens zum nächsten Electro-Music-Festival kutschieren lassen. Die tatsächliche Nachhaltigkeit dieses privaten Emissionshandels ist unter Experten zwar höchst umstritten, auch weil das Geld in den meisten Fällen, anders als viele denken, nicht etwa in Umweltprojekte zur Wiederaufforstung fließt, sondern in den Aufbau von „erneuerbaren Energien“. Manche Öko-Philister setzen daher auf ein anderes religiös bewährtes Mittel zum Ausgleich begangener „Sünden“. Selbstkasteiung durch den Verzicht auf Fleisch und gut gekühlte Getränke und andere Annehmlichkeiten soll die eigene Ökobilanz der „Generation Smartphone“ auf ihren Weltreisen im Gleichgewicht halten. Beichten wäre wohl nicht nur einfacher, sondern auch ehrlicher.