© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/19 / 17. Mai 2019

Ungefiltert informieren
AfD-Abgeordnete luden am vergangenen Wochenende zum „1. Kongreß der freien Medien“
Harald Melzer / Jörg Kürschner

In mehrfachter Hinsicht für Aufsehen sorgte am Wochenende der „1. Kongreß der freien Medien“, zu dem vier AfD-Bundestagsabgeordnete freie Journalisten, Blogger und Youtuber in die Räume des Bundestags geladen hatten. Die Veranstalter gaben bei der Begrüßung ihrer Hoffnung Ausdruck, daß sich die oft einseitige Berichterstattung über die Arbeit der AfD in den Kommunal- und Länderparlamenten, aber auch im Bundestag versachlichen werde. Sie versuchten, deren Position durch Zuspruch und Unterstützung demonstrativ zu stärken. 

Etablierte Medien seien längst nicht mehr die Kontrolleure der Macht, sondern die Herolde der Mächtigen, kritisierte der AfD-Medienpolitiker Martin Renner. Ausdrücklich lobte er die „freien Medien“ als „Gegengewicht zu den Zumutungen der Politischen Korrektheit“. Den mit rund 120 Teilnehmern gut besuchten Kongreß bezeichnete er als Chance, die Bürger „direkt und ungefiltert“ zu informieren. Eine intensivere Zusammenarbeit befürwortete auch Nicole Höchst. Sie lobte gegenüber der JF das von dem Kölner Rechtsanwalt Ralf Höcker geleitete Praxisseminar „Rechtssicher formulieren – Risiken und Nebenwirkungen“ als große Hilfe für Politiker und Journalisten.

Youtuber wird von Linksextremisten verprügelt

In der Tat stießen die von dem Medienanwalt, einem CDU-Mitglied, gegebenen Hinweise und Tips unter den Teilnehmern auf eine sehr positive Resonanz. Höcker machte kein Hehl daraus, daß er von dem früheren Trump-Berater Steve Bannon wenig hält, der ursprünglich als Überraschungsgast angekündigt worden war. Ihm gehe es um journalistische Ethik, während Bannon seine Haltung zu den Medien mit den Worten „Flood them with shit“ („Überschwemmt sie mit Scheiße“) beschrieben habe. Verschiedene Mitglieder der Bundestagsfraktion nahmen im Laufe des Tages an Workshops und Diskussionen teil und brachten sich in die Gespräche ein.

Die „Vereinigung Freie Medien“ mit ihrem Vorsitzenden David Berger („Philosophia perennis“) sprang anschließend als Gastgeber für den als „Stargast“ angekündigten Milo Yiannopoulus ein, der nicht im Bundestag auftrat. Der gebürtige Brite hatte durch die Unterstützung Donald Trumps im Wahlkampf, islamkritische Youtube-Tiraden und Redeauftritte an Universitäten einen kometenhaften Aufstieg als Medienstar hingelegt. In TV-Auftritten und Interviews argumentierte er regelmäßig politisch korrekte Journalisten und Opponenten in Grund und Boden. 

Seinem Ruf als Berufsprovakteur blieb er bei seinem Auftritt im Wirtshaus Hopfingerbräu, direkt neben dem Brandenburger Tor, treu. Vor über hundert Teilnehmern schoß der blondierte Polemiker in seiner auf englisch gehaltenen Rede scharf gegen ideologische Gegner, etablierte und linke Medien. Mit Hinweis auf die Stellung von Minderheiten, Frauen und Homosexuellen im Islam bekannte er sich zur „Islamophobie“. Obwohl er persönlich eher libertäre Positionen vertritt, zeigte sich „Milo“ wieder als Meister des inhaltlich derben, aber dennoch rhetorisch eleganten Verbal-Radikalismus, für den er geliebt und gehaßt wird. 

Nicht zuletzt an seiner Person hatten sich mit Blick auf Pädophilie-Vorwürfe auch in der AfD-Fraktion die Geister geschieden. Einen Tag vor der Konferenz waren zwei Sondersitzungen einberufen worden. Am Ende beschloß man, Yiannopoulos dürfe nicht im Bundestag referieren. „Die Fraktion konnte in der Kürze der Zeit seine umstrittenen Äußerungen nicht überprüfen, so daß entschieden wurde, auf ihn als Gast zu verzichten“, sagte Fraktionspressesprecher Christian Lüth der JF.

Aus Teilnehmerkreisen hieß es, der Unmut vieler Abgeordneter richtete sich auch auf die unklare Lage, inwiefern die gesamte AfD-Fraktion als Veranstalter beteiligt sei. Die offizielle Version lautete am Ende: Gastgeber im Bundestag sind die Abgeordneten Nicole Höchst, Udo Hemmelgarn, Petr Bystron und Uwe Schulz, die Fraktion unterstüzte die Veranstaltung mit einem niedrigen vierstelligen Betrag. 

Nach Informationen der JF hatte Fraktionschef Alexander Gauland einen der Organisatoren sogar gebeten, die Veranstaltung ganz abzusagen. Dagegen soll eingewandt worden sein, dies werfe aufgrund der Kurzfristigkeit ein schlechtes Licht auf die AfD. Für Unmut gesorgt hatte, daß die Veranstaltung von einem Mitglied der Fraktionsführung per Unterschrift genehmigt worden war, ohne daß der gesamte Vorstand von den Details – und insbesondere den Gästen – des Medienkongresses Kenntnis hatte. 

Einer dieser Teilnehmer, der Youtuber Oliver Flesch, hatte derweil ganz andere Probleme. Nach der Veranstaltung wurde er in der Rigaer Straße in Kreuzberg, wo er für die Zeit des Kongresses bei einem Freund wohnte, von vermummten Linksextremisten zusammengeschlagen. Größere Verletzungen trug er zum Glück nicht davon.