© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/19 / 17. Mai 2019

„Pro Brüssel“ gegen „Pro Kreml“
EU-Einheit gegen russische Desinformation: Die „East StratCom Task Force“ baut ihr Engagement aus
Gil Barkei

Vor der EU-Wahl läuft der Kampf gegen vermeintliche Falschmeldungen auf Hochtouren. Dabei an vorderster Linie eine EU-Einheit für Strategische Kommunikation. Angesichts der Ukraine-Krise forderten die europäischen Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel im März 2015, „Rußlands laufenden Desinformationskampagnen entgegenzuwirken“. 

Am 1. September 2015 nahm daraufhin beim Europäischen Auswärtigen Dienst die „East StratCom Task Force“ ihre Arbeit auf. Neben der positiven Kommunikation der EU-Politik in Richtung der östlichen Nachbarn und der Förderung der Pressefreiheit soll das Team Desinfomation aus dem Ausland, insbesondere Rußland, erkennen und bekämpfen. Die Abteilung besteht nach eigenen Angaben derzeit aus 16 Russisch sprechenden Mitarbeitern aus den EU-Institutionen und Mitgliedsländern. Das Budget wurde von 1,1 Millionen Euro im Jahr 2018 auf über drei Millionen für 2019 erhöht. 

Die Erkenntnisse aus den täglichen Medienanalysen werden im Blog-ähnlich aufgebauten „Disinformation Review“ veröffentlicht. Bisher enthält die visuell aufgearbeitete Online-Sammlung auf EUvsDisinfo.eu über 5.300 „disinformation cases“. Nutzer werden angehalten, sich mit eigenen „Fake News“-Sichtungen zu melden. Auch über Twitter und Facebook kann der interessierte Leser lernen, daß angeblich beim Brexit, der deutschen Bundestagswahl und der italienischen Parlamentswahl „pro-Kremlin“-Aktivitäten im Spiel waren.  

Doch die Einheit ist nicht unumstritten. Als drei holländische Zeitungen in der Sammlung auftauchten, weil sie die Sichtweise übernahmen, der Abschuß eines Passagierflugzeugs über der Ukraine sei nicht mit russischen Waffen geschehen, forderte das niederländische Parlament, das Projekt wegen Gefährdung der Pressefreiheit zu beenden. Seitdem darf die East StratCom nur Medien mit Hauptsitz außerhalb der Europäischen Union untersuchen. 

Zwei Monate vor der Europawahl wurde die Zusammenarbeit mit den EU-Institutionen intensiviert und ein Alarmsystem eingeweiht, in dem alle Mitgliedsländer ihre jeweiligen Beobachtungen zusätzlich miteinander teilen. Den Vorwurf, selbst Gegenpropaganda zu betreiben, weisen die Verantwortlichen zurück.