© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/19 / 24. Mai 2019

Benjamin Harnwell. Der Brite will künftig Steve Bannons „The Movement“ beherbergen.
Der schwarze Abt
Alessandro Petri

Seine Augen sind dunkel so wie sein zurückgegeltes Haar, auf dem er gerne altmodische Hüte trägt. Seit zwei Jahren wohnt Benjamin Harnwell in der Certosa di Trisulti, ein mehr als tausend Jahre altes Kartäuserkloster am Fuße des Apennin, knapp hundert Kilometer südöstlich von Rom, das gerade renoviert wird. Wenn die alte Klause wieder bewohnbar ist, will Hausherr Harnwell daraus das „Haus des Bannonismus“ machen – Heimstatt des vom ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon geplanten rechten Netzwerks „The Movement“ (JF 15/19). 

Anfang 2017 gewann der 43jährige Brite die Ausschreibung des italienischen Kulturministeriums zur Nutzung der Kartause für seine konservativ-katholische Denkfabrik Dignitatis Humanae Institute (DHI). Ein guter Rahmen für das Projekt des ebenfalls betont katholischen Bannon, dessen Movement „rechtspopulistische“ Bewegungen aus aller Welt zu einer Art konservativen Internationale zusammenbringen will. Dazu soll Harnwell künftig Politiker zu Vernetzungstreffen auf den Klosterberg laden. Doch während Bannons Movement eher auf die Tagspolitik abzielt, will Harnwell auch Studenten, Professoren, Publizisten und Intellektuelle nach Trisulti holen, um in Seminaren über Philosophie, Geschichte, Wirtschaft und Theologie eine internationale rechtskonservative Elite zu schmiden.  

Lange hat Harnwell schon davon geträumt. Dabei ist der Sproß einer wenig religiösen Mittelklassefamilie aus dem zentralenglischen Leicestershire erst als Erwachsener zum Katholizismus konvertiert. Nach dem Chemiestudium arbeitete er für einen konservativen britischen EU-Abgeordneten. Schließlich zog er nach Rom, wo er 2008 das DHI gründete, um Lobbyarbeit für christliche Politiker zu machen, mit dem Ziel, das Christentum wieder in die westliche Gesellschaft zu tragen. Denn nicht nur vom radikalen Islam sei es bedroht, sondern vor allem vom Säkularismus. Für Harnwell ist es allerdings mehr als nur Glaube, er sieht darin den gemeinsamen Nenner für alle rechtskonservativen Bewegungen des Abendlandes, die bereit sind, sich gegen dessen Selbstaufgabe zu wehren. Das ist auch die Gemeinsamkeit, die er mit Bannon fand, als sich beide 2014 erstmals begegneten.  

Doch ob und wann die ersten Seminare in Trisulti stattfinden, ist noch unklar. Denn schon ist das Projekt der linksliberal geführten Regionalregierung ein Dorn im Auge. In Rom erkundigte sie sich bereits nach einem möglichen Verbot „xenophober“ Bildungseinrichtungen und verlangte Auskunft, wer das Projekt finanziert, das dem italienischen Staat 100.000 Euro Miete pro Jahr einbringt. Doch hüllt sich Benjamin Harnwell – außer über Steve Bannon, der aus seinem Vermögen einen Anteil einbringen will – über die weiteren Finanziers des Projekts, die Anonymität wünschen, in Schweigen.