© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/19 / 24. Mai 2019

Frisch gepresst

Europaträumer. Ernst Jüngers „Magister“, der Leipziger Philosophiedozent Hugo Fischer, beteiligte sich 1930 an einer Festschrift zum 80. Geburtstag des tschechischen Staatspräsidenten Tomáš G. Masaryk. Darin entfaltet der zwischen Jakob Böhme, Hegel und Nietzsche schwankende, politisch nationalrevolutionär wie Jünger festgelegte Denker supranationale Visionen, deren Verwirklichung er „europäischen Realisten“ wie Masaryk zutraute. Fischer dachte sich dieses Europa demokratisch, antikapitalistisch, föderalistisch. Masaryk verkörperte hingegen eine nationalistische Politik, die 3,3 Millionen Deutsche in Böhmen und Mähren zu „Europäern minderen Rechts“ (Wenzel Jaksch) degradierte und die sich im Militärbündnis mit Frankreich („Kleine Entente“) nicht nur für die Mitteleuropa balkanisierende Pariser Hegemonialpolitik einspannen ließ, sondern die die Staatsräson der „kapitalistisch-bourgeoisen CSR“ auf einen scharfen „Antikommunismus und Antisowjetismus“ (SED-Jargon) festlegte. Es ist das Verdienst der Herausgeber, Fischers surreales, von ihnen aber als „maßgeblichen Einstieg“ der deutschen Philosophie in das neue „politische Paradigma Europa“ gepriesenes Konzept, ergänzt um zwei seiner Briefe aus dem Prager Masaryk-Archiv, als Beitrag zur politischen Geistesgeschichte der Zwischenkriegszeit wieder zugänglich gemacht zu haben – deren Einbettung in den zeithistorisch-politischen Kontext sie jedoch heillos überfordert hat. (wm)

Steffen Dietzsch, Miloš Havelka (Hrsg.): Hugo Fischer. Der Realismus und das Europäertum. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2019, broschiert, 157 Seiten, 12 Euro





Polit-Tagebuch. Der Jurist Rainer Thesen listet im aktuellen Werk politische Schlüsselereignisse und skurrile Begebenheiten aus dem vergangenen Jahr im Stile eines Tagebuchs in 42 Einzelbeiträgen auf, um die dramatischen Fehlentwicklungen in diesem Land aufzuzeigen. Er präsentiert dabei zahlreiche Fakten und schlagkräftige Argumente. Die Bandbreite seiner Themen ist vielfältig: So kritisiert der Oberst der Reserve die Folgen der unverantwortlichen Migrationspolitik, arbeitet sich am allgegenwärtigen „Kampf gegen Rechts“ ab, beklagt eine ausufernde Phrasendrescherei bei Politikern oder greift die Geschichtsvergessenheit vieler heutiger Journalisten an. Ein kurzweiliges Buch, das den alltäglichen Wahnsinn gut zusammenfaßt. (ha)

Rainer Thesen: Einspruch! Gegen Politikversagen und Meinungsdiktatur. Osning Verlag, Bielefeld 2019, broschiert, 240 Seiten, 19,80 Euro