© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/19 / 24. Mai 2019

Krieg als Schule des Berufslebens
Die Beraterfirma eines Navy-Seal-Veteranen bringt Unternehmen auf Trab
Alexander Graf

Es gibt keine schlechten Mannschaften. Es gibt nur schlechte Offiziere.“ Getreu dieses Zitats von Napoleon gibt John Gretton Willink – Spitzname „Jocko“ – seine Erfahrungen, die er als US-Soldat machte, an Unternehmen weiter. Als Kopf der Beraterfirma Echolon Front vermitteln er und seine Mitstreiter Führungskräften, wie sie ihre Kollegen zu einer erfolgreichen Einheit formen können.

Mitstreiter ist in diesem Zusammenhang übrigens wörtlich zu verstehen. Den Grundstock seiner Firma bilden ehemalige Kameraden von Willink, mit denen er im Seal-Team 3 diente; einer Spezialeinheit der US-Marine. Dabei handelt es sich um die am häufigsten ausgezeichnete Einheit des Irakkriegs, die unter anderem in der Schlacht um Ramadi (2016) kämpfte. Willink selbst wurde für seine Verdienste mit dem Bronze- und dem Silberstern geehrt. Bei letzterem handelt es sich um die höchste militärische Verdienstauszeichnung der US-Streitkräfte. 

„Wenn das Team versagt, versagt jeder“

Nachdem Willink nach insgesamt 20 Jahren die Armee verlassen hatte, gründete er die Beraterfirma. In ihren Seminaren lernen Manager, Abteilungsleiter und Firmenchefs, was nötig ist, um ein guter Anführer zu sein. „Wir bieten praktische, erprobte Lösungen, um komplexe Probleme zu bewältigen. Sie basieren auf den Gefechtserfahrungen“, verkündet Jockos Team stolz. 

Je nach Kunden modifizieren Willink und seine Truppe die Inhalte, um sie an die jeweiligen Anforderungen anzupassen. Doch die „Gesetze des Gefechts“ bleiben das Koordinatensystem. Sie lauten unter anderem: „Wenn das Team versagt, versagt jeder“, „Beziehungen sind der Schlüssel“, „Kommunikation muß immer simpel sein“, „verteile Verantwortung“.

Verantwortung und Disziplin sind die Schlüsselwörter. Dabei geht es auch darum, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, anstatt Gründe für eigenes Versagen bei anderen zu suchen. Daß Disziplin schon beim Aufstehen beginnt, zeigt der Absolvent der Universität San Diego jeden Tag, wenn er auf Twitter Bilder seiner Uhr hochlädt, die zeigen, wann seine Nacht vorbei war – meist gegen 4.30 Uhr. 

Willink will seine Kunden nicht nur mit Power-Point-Präsentationen und Vorträgen bombardieren. Auch Sport gehört zum Teil seiner Kurse. So kann es vorkommen, daß Jungmanager von ihm um sechs Uhr früh durch den Central Park in New York gescheucht werden. Und zum Abschluß eines Seminartages erwartet sie noch eine Trainingseinheit Brazilian Jiu-Jitsu.

Beim Thema IS redet Willink Klartext

Die Grundsätze seiner Philosophie hat der 48jährige bereits in mehreren Büchern veröffentlicht. Aber auch mit den neuen Medien steht er keinesfalls auf Kriegsfuß. Seinem Video-Podcast folgen auf Youtube rund 328.000 Abonnenten, auch auf Twitter und Facebook erreicht er mit seinen Beiträgen sechsstellige Nutzerzahlen. Was auf den ersten Blick überraschen mag: Der muskelbepackte Veteran ist auch Kinderbuchautor. In mittlerweile zwei Büchern schildert der vierfache Familienvater seinen kleinen Lesern, wie man sich mutig Herausforderungen stellt.

Aufgrund seiner Erfahrungen und der Präsenz in den sozialen Medien wird er gelegentlich als Experte zu militärischen Themen befragt. Daß er in solchen Fällen kein Blatt vor dem Mund nimmt, bewies er gegenüber Fox News, als er sich für die Tötung islamischer Terroristen aussprach. „Wir sollten sie nicht nach Guantanamo schicken, wir sollten sie gleich in die Hölle schicken, wo sie hingehören.“ Die Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat verdienten es nicht zu leben. Mit derartigen Aussagen würde ein Unternehmer diesseits des Atlantiks für einen Aufschrei sorgen und sich womöglich mit Boykott-Aufrufen konfrontiert sehen. Doch in Amerika wird robuster über den Kampf gegen den Terror gesprochen. 

Der Kriegsveteran schert sich ohnehin nicht um solche Befindlichkeiten. Man merkt ihm an, wie sehr ihm die Lektionen in der Elite-Einheit in Fleisch und Blut übergangen sind. Um so authentischer wirkt das, was er seinen Kunden mit auf den Weg gibt.