© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/19 / 31. Mai 2019

CD-Kritik: Elena Kuschnerova spielt Liszt
Russische Schule
Jens Knorr

Zu „drei Schwestern“ hat der Musikjournalist Jürgen Otten die bedeutenden russischen weiblichen Pianisten Elisabeth Leonskaja, Lilya Zilberstein und Elena Kuschnerova verbunden. Kuschnerova, 1959 in Moskau geboren, hat nach ihrem Studium am Tschaikowski-Konservatorium fast ausschließlich in der Sowjetunion konzertiert. Von Deutschland aus, wohin sie 1992 emigrierte, begann ihre eigentliche internationale Karriere – als Pianistin und Lehrerin.

Ihr Liszt-Album weist Kuschnerova als genuine Vertreterin der Russischen Klavierschule aus, welche die Identität von Spieler und Gespieltem emphatisch behauptet. Kuschnerovas ebenso raum- wie hörergreifendes Spiel gilt dem Romantiker, nicht dem Experimentator Liszt. Doch in aller Zusammenballung musikalischer Ereignisse gewährt sie dem Einzelereignis immer auch die ihm zustehende Autonomie. „Rhapsodie espagnole“ und Mephisto-Walzer Nr. 1 können gern für sich stehen. Die Fantasia quasi Sonata „Après une lecture du Dante“, die Sonetti 104 und 123 del Petrarca aus dem zweiten und „Les Jeux d’eaux à la Villa d’Este“ aus dem dritten Band der „Années de Pèlerinage“ aber brauchen den Werk-Kontext, damit sie nicht als virtuose Zugnummern fehlgehört werden können:

Elena Kuschnerova ist der Welt eine vollständige Einspielung der „Années“ schuldig.

Elena Kuschnerova spielt Liszt Bella Musica 2019  www.elenakuschnerova.com