© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/19 / 07. Juni 2019

Ländersache: Berlin
Rosinenbomber rausgepickt
Ronald Berthold

Was haben die bundesweit kaum bekannten Kommunen Faßberg, Jagel und Nordholz gemeinsam – und was unterscheidet sie von Berlin? Richtig: echte Rosinenbomber. Zum Jubiläum des Endes der Blockade West-Berlins durch die Sowjetunion werden in den genannten Kleinstädten die legendären Maschinen des Typ DC-3 landen. Nicht aber in der deutschen Hauptstadt. Das verhindert der rot-rot-grüne Senat. Eigentlich sollten die amerikanischen Oldtimer, die die Insulaner vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 aus der Luft versorgt hatten, nach Berlin weiterfliegen. Doch auf dem legendären Zentralflughafen Berlin-Tempelhof dürfen sie nicht niedergehen. 

Zwar gab es dort im vergangenen Monat bereits ein Fest zum Abschluß der westalliierten Luftbrücke mit Hunderttausenden Besuchern. Allerdings ohne Visite der historischen Luftfahrzeuge. Nun starten die US-Transportmaschinen Mitte Juni anläßlich des Jubiläums in Wiesbaden, um entlang der historischen Route nach Berlin zu fliegen. So war damals die Teilstadt versorgt worden. Während die Sowjetunion vor sieben Jahrzehnten die Landwege blockierte, sperrt der Hauptstadt-Senat nun quasi den Luftweg.

Die von den Grünen gestellte Verkehrssenatorin Regine Günther begründet die Absage mit dem sogenannten Tempelhof-Gesetz. Dieses sehe vor, den inneren Wiesenbereich mit Start- und Landebahn jeden Tag öffentlich zugänglich zu machen. Eine für die Feierlichkeiten erforderliche Sperrung sei nicht möglich. Die Wahrheit ist, daß der Senat den Veranstaltern des Luftbrücken-Festes keine Ausnahmegenehmigung erteilt oder erteilen möchte.

Bizarrerweise beruft sich die Landesregierung dabei auf einen Volksentscheid. 29,6 Prozent aller Berliner hatten gleichzeitig zur Europawahl 2014 dafür gestimmt, das Tempelhofer Feld nicht zu bebauen und es als großen Park umzuwidmen. Ganz anders geht der Senat dagegen mit dem Referendum zur Offenhaltung und zum Weiterbetrieb des Airports Tegel nach Eröffnung des Großflughafens BER um. Am 24. September 2017 hatten sich sogar 40,0 Prozent aller Wahlberechtigen dafür entschieden. Auch ein Volksentscheid für die Offenhaltung Tempelhofs als Verkehrsflughafen von 2008 spielte seinerzeit keine Rolle. Auch hier hatte eine Mehrheit der Wähler das gewollt. Allerdings verfehlten sie mit 21,7 Prozent das nötige Ja-Quorum von 25 Prozent. Der Flughafen wurde kurz darauf geschlossen. Nun muß ein Volksentscheid dafür herhalten, daß ein Teil der 380 Hektar großen Fläche für zwei Tage nicht den Picknickern und Skatern zur Verfügung steht. Die Landung von 20 Rosinenbombern und ein riesiges Volksfest bläst der Senat ab. Kritiker vermuten, der historische Anlaß passe dem Senat nicht in sein Konzept „moderner Geschichtsschreibung“. Schließlich war es die Sowjetunion, die versucht hatte, West-Berlin auszuhungern. An den Terror der Kommunisten erinnert der Senat offensichtlich nur ungern. 

Das Luftbrücken-Jubiläum steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Was er nun macht, ist unklar. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen empfängt die Rosinenbomber zum Tag der Bundeswehr auf dem Fliegerhorst im niedersächsischen Faßberg.