© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/19 / 07. Juni 2019

Vermögensverwalter vor Konzentrationsprozeß
Kein deutscher Goliath
Thomas Kirchner

Vieles läuft schief bei der Deutschen Bank, aber auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn. So könnte sich die Abspaltung der Vermögensverwaltungssparte DWS als fruchtbringender Gewinn erweisen, der eine neue strategische Ausrichtung dieses Geschäfts ermöglicht. Die Vermögensverwaltung der UBS ist ein möglicher Partner. Die Großbanken reden bereits.

Konsolidierung ist wieder Trend. Die Margen schrumpfen. Der Trend zu kostengünstigen Indexfonds und auch ETFs, der sich auch auf andere Produkte auswirkt, drückt die Gewinne. Institutionelle Großkunden zahlen häufig nur noch 0,1 Prozent oder weniger Gebühren für Standardstrategien wie Aktieninvestitionen.

Die Gelddruckorgien der Zentralbanken verstärkten den Trend zu Indexinvestitionen. Die Geldgießkanne ließ viele Aktienunternehmen wachsen. Eine sorgfältige Firmenanalyse lohnt sich kaum. Auch bei Renten, wo Bonitätsanalysen in der Vergangenheit hohen Mehrwert brachten, decken die niedrigen Zinsen nicht mehr die Verwaltungsgebühren. Vermögensverwalter wachsen deshalb nur mit Billigangeboten. Hinzu kommen steigende Kosten für aufsichtsrechtliche Anforderungen und Vertrieb.

Die Lösung für die Großen lautet: noch größer werden, um die Fixkosten breiter zu streuen. Kleine Nischenanbieter spüren zwar auch den Kostendruck seitens der Anleger, können aber durch Spezialisierung höhere Gebühren verlangen. Eng wird es im Mittelfeld: Die Firmen sind zu groß, um Nischen zu besetzen, aber zu klein, um von Skaleneffekten zu profitieren. In Europa ist dieses besonders stark und also besonders betroffen. Vermögensverwalter dieser Größe sind auch nach einem Vierteljahrhundert Binnenmarkt immer noch auf ihren Heimmarkt fokussiert.

Die zehn weltweit größten Vermögensverwalter kommen auf ein Drittel des Gesamtmarkts, mit Amundi ist nur ein Europäer darunter – Allianz-Tochter Pimco agiert weitgehend unabhängig vom Mutterkonzern. Eine UBS-DWS-Fusion käme zwar auf Nummer zehn, aber Branchenprimus Blackrock wäre immer noch viermal so groß.

Die Branchenschwierigkeiten weisen auf einen weiteren Trend hin, den der Desintermediation (Wegfall oder Entfernen von Zwischenstufen der Produktionskette). Endkundenberater entscheiden immer häufiger über die Auswahl eines Anbieters. Im Privatkundengeschäft investieren Berater in vorgefertigte Modellportfolios. Vermögensverwalter entwickeln sich dadurch zu austauschbaren, wenig differenzierten Mittelsmännern. Wer über ein eigenes Beraternetzwerk verfügt, ist bei der Zusammensetzung dieser Modelle klar im Vorteil. Insofern sind DWS als Tochter der Deutschen Bank und UBS auch ohne Fusion besser aufgestellt als die Vielzahl der unabhängigen Vermögensverwalter.