© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/19 / 07. Juni 2019

Schweden mischen den Onlinehandel auf
Bezahlen im Internet: Größere Sicherheit für Anbieter / Klarna kauft kleine Konkurrenten
Marc Schmidt

Schmuck online bestellt, einmal zum Konzert getragen und zurückgesandt. Das ist der Supergau für Onlinehändler. Noch negativer ist laut Inkassounternehmen die hohe Quote an Zahlungsausfällen. Mehr als 50 Prozent der Geldeintreiber gaben an, Firmenpleiten aufgrund von Zahlungsausfällen am ehesten im Onlinehandel zu erwarten, wobei diese meistens die Folge von Überschuldung (88 Prozent), Arbeitslosigkeit (67 Prozent) oder vorsätzlichem Nichtzahlen (54 Prozent) der Kunden seien. Die in Deutschland bislang führenden Anbieter wie Amazon oder Paypal versuchen dem durch eine Stärkung des Reklamationsbereichs zu begegnen.

In die Lücke des schlechten Services für Onlinehändler stößt mit Klarna ein kapitalstarker schwedischer Anbieter, der die Zahlungsseite des Internethandels nachhaltig verändert. Klarna garantiert Onlineanbietern ihre sofortige Bezahlung, unabhängig davon, ob der Kunde bei Klarna sofort, auf Rechnung, in Raten oder gar nicht bezahlt. Gegen einen Anteil von 3,25 Prozent des Kaufpreises und eine Gebühr von 1,69 Euro pro Transaktion übernehmen die Schweden für die Händler die Funktion der Bank, der Abrechnungsstelle, der Ausfallversicherung und das Transaktionsmanagement mit dem Kunden im Fall einer Reklamation. Zudem lockt das Unternehmen Anbieter mit Investitionskrediten in die eigenen Unternehmen, bei denen eine vorab fixierte Gebühr einen Zinssatz ersetzt.

Offline-Angebot dank Kooperation mit Visa

Die Methode hat Erfolg: Inzwischen verwenden mehr als 130.000 Onlineshops Klarna, zudem werden im Monatsrhythmus neue große Kooperationen, beispielsweise mit Alibaba und deren Bezahlsystem oder dem Reisever-anstalter Expedia bekanntgegeben. Ein weiterer Pluspunkt für Händler ist die Möglichkeit, den reichen Datenschatz des Anbieters zu nutzen. Anhand der Shoppinggewohnheiten ausgewählte Kunden können so mit speziellen Produkten angesprochen werden. Mit diesen Fähigkeiten positioniert sich Klarna gegen die hierzulande bekannteren Marktteilnehmer Amazon und Paypal, die jedoch im internationalen Vergleich hinter die Klarna-Partner (Visa und Alibaba) zurückfallen und insbesondere im Fall von Paypal für einen eher rücksichtslosen Umgang mit Onlinehändlern stehen.

Voraussetzung für den Erfolg des Klarna-Systems ist weniger die absolute Höhe der Gebühren der Händler, sondern die Transaktionshäufigkeit und Akzeptanz. Onlinekunden gewann Klarna in der Vergangenheit vor allem durch Übernahme anderer Anbieter. So etwa des Betreibers der in Onlineshops verbreiteten Zahlungsart „Sofort“. Dieses Angebot wird inzwischen ergänzt durch einen reichweitenstarken Auftritt unter eigenem Namen.

Dabei umfaßen Klarnas Fähigkeiten nicht nur eine umfangreiche App mit allen Einkaufsfunktionen, sondern in Kooperation mit Visa eine markenübergreifende Shoppingcard, die das Einkaufen bei Visapartnern zinslos möglich macht. Klarna verzichtet bei diesen Karten auf eine Bargeldfunktion, was trotz der hohen Affinität der Deutschen für Bares das rasante Wachstum am Markt hierzulande nicht bremste. 

Rechnung könnte vor  der Ware ankommen

Dies mag auch am aufwendigen Marketing des Zahlungsanbieters liegen, der Jugendliche als Zielgruppe mit prominenten Musikern als Werbestars anvisiert. Andere Aspekte der Erfolgsgeschichte des schwedischen Unternehmens zeigen auch, wie wenig die deutsche Gesellschaft und Wirtschaft auf den digitalen Wandel vorbereitet sind. So warnen deutsche Verbraucherzentralen davor, daß bei einer verzögerten Warenauslieferung des Händlers die Rechnung durch Klarna vor der Ware eintreffen könnte.

Die Tatsache, daß der Kunde in seiner App auf diesen Sachverhalt mit dem Anklicken eines Reklamationsschaltfeldes reagieren muß, werten die Ordnungswächter in Unkenntnis der technikbegeisterten Zielgruppe als mögliche Überforderung, insbesondere weil durch verzögerte Reaktionen, wie bei allen ignorierten Rechnungen, Mahngebühren anfallen können. Eine positive Ausnahme gegenüber den gesellschaftlichen Institutionen, die sich fragen, warum ihnen gesellschaftspolitisch der Einfluß auf jüngere Generationen entglitten ist, bildet die sonst oft gescholtene deutsche Bahn. Dort funktioniert sicher nicht alles reibungslos, die Möglichkeit zur Bezahlung von Bahntickets über Klarna hingegen schon.

Schwedischer Zahlungsanbieter Klarna:  www.klarna.de