© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/19 / 14. Juni 2019

Kampagne gegen AfD in Görlitz
Sachsen sind stur
Dieter Stein

Es fällt offensichtlich sehr, sehr schwer zu akzeptieren, daß Demokratie bedeutet, echte Wahlmöglichkeiten zu haben. Daß auf dem Wahlzettel nicht nur 40 Parteien stehen, die die EU prima finden, sondern wenigstens auch eine, die beispielsweise etwas an Brüssel zu kritisieren hat. Oder die im Gegensatz zu den anderen Parteien der Auffassung ist, nicht nur  die übrigen 192 UN-Mitgliedstaaten, sondern auch Deutschland hätte das Recht, seine Grenzen zu kontrollieren.

Daß die AfD inzwischen in 16 Landtagen, im Bundestag und auch im EU-Parlament vertreten ist, hat die Öffentlichkeit gerade noch so verdaut. Doch was zuviel ist, ist zuviel: Im schönen sächsischen Neißestädtchen Görlitz (55.900 Einwohner) hat nämlich Sebastian Wippel bei der Bürgermeisterwahl mit 36,4 Prozent auf Platz 1 gelegen. Am Sonntag könnte er in der Stichwahl erster AfD-Oberbürgermeister werden.

Doch nein: In letzter Minute organisiert ein deutscher Filmproduzent einen Appell an die Bürger von Görlitz, bei dem er auch einige Unterschriften einiger Hollywoodstars einsammelte. Wird das die Sachsen beeindrucken, die nicht erst seit 1989 auf Bevormundung mit Aufmüpfigkeit reagieren? Was wir erleben, ist eher ein weiteres peinliches Beispiel für die spezifisch (west-)deutsche Unfähigkeit, Pluralismus und echte politische Vielfalt auszuhalten. Übrigens einer der wichtigsten Gründe, weshalb die AfD gerade in Sachsen so starken Zulauf hat.