© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/19 / 14. Juni 2019

Knapp daneben
Wohin mit dem Geld?
Karl Heinzen

Seit zwei Jahrzehnten sind die Brüder Marc, Oliver und Alexander Samwer damit beschäftigt, die Geldquellen des Internets zum Sprudeln zu bringen. Seit 2007 bedienen sie sich dazu ihrer Beteiligungsgesellschaft Rocket Internet. Mal kopierten sie ohne Wimpernzucken Geschäftsideen, die andere entwickelt hatten, und brachten sie mit fanatischer Entschlossenheit zum Erfolg. Mal investierten sie auch bloß ganz bescheiden Risikokapital in irgendwelche Start-ups, um dann zuzuschauen, ob etwas daraus würde. Häufig genug ging die Rechnung auf. Nicht nur, daß ihr Unternehmen Sprößlinge wie Zalando, home24, Delivery Hero oder HelloFresh hervorbrachte. Sie konnten auch Rocket Internet selbst an der Börse versilbern und unterdessen sogar in den MDax führen. Eigentlich, so haben vielleicht auch die Gebrüder Samwer gedacht, sollte das doch immer so weitergehen können. 

So verfolgen die Samwers lieber die konservative Strategie und investieren in Immobilien.

Die zivilisierte Welt ist voller IT-affiner junger Menschen, die von Helikoptereltern mit weltoffenem Selbstvertrauen beseelt und auf den Karriereweg gebracht wurden. Jeden Tag, so möchte man meinen, sitzen welche von ihnen nach dem Joggen zusammen und hecken auf dem Unicampus bei Biolimonade und Sushi Businesspläne aus, wie man das bereits recht angenehme Leben noch bequemer machen könnte. Man muß sie bloß finden, diese Kreativen, und ihnen das Geld in die Hand drücken, damit sie etwas Großes daraus machen. Die Samwers tun sich hier jedoch derzeit schwer. 3,1 Milliarden Euro sollen sie an liquiden Mitteln zur Verfügung haben. Gründer, denen man sie guten Gewissens anvertrauen könnte, sind aber Mangelware. Also bleibt auch Rocket Internet nichts anderes übrig als die konservative Anlagestrategie alter weißer Männer zu kopieren und in Immobilien zu investieren.

Vielleicht sind die Samwers einfach bloß in die Jahre gekommen. Vielleicht dürfen wir dies aber auch als ein gutes Zeichen lesen. Start-ups bringen Unruhe in die Märkte. Diese Hektik, dieser Zwang, sich dauernd umzustellen, tut uns allen nicht gut. Es ist an der Zeit, daß es nun für eine Weile mal wieder so bleibt wie es ist.