© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/19 / 21. Juni 2019

DVD: Die blonde Hexe
Bigotte Dörfler
Werner Olles

Die romantische Novelle „Oless-ja“ von Alexander Iwanowitsch Kuprin bildet den Hintergrund für André Michels Spielfilm „Die blonde Hexe“ („La Sorcière“, Frankreich/Schweden 1956; Alternativtitel: „Das Mädchen aus dem Wald“). Allerdings verlegte der Regisseur die Handlung vom ländlichen Rußland in ein schwedisches Dorf in den 1950er Jahren, fernab jeder urbanen Zivilisation. Die Bewohner leben hier noch in einer Welt des Aberglaubens, in der Magie und Hexenvorstellungen eine große Rolle spielen.

Der französische Ingenieur Laurent Brulard (Maurice Ronet), der das Sägewerk leiten soll, stößt daher zunächst auf eine Mauer der Ablehnung, erwirbt sich aber mit der Zeit eine gewisse Anerkennung für seine Arbeit. Besonders die Gutsbesitzerin Kristina Lundgren (Nicole Courcel) unterstützt ihn nach Kräften und verliebt sich schließlich auch in den attraktiven Mann. Als Laurent sich eines Tages im dichten Wald verirrt und fast im Treibsand versinkt, wird er von der alten Maila (Naima Wifstrand) gerettet, die ihn in ihre Hütte bringt und mit Kräutern gesund pflegt. Maila wird von den  Dorfbewohnern gemieden, weil diese in ihr eine Hexe vermuten.

In der Hütte der alten Frau lernt er ihre Enkelin Ina (Marina Vlady) kennen, ein bildhübsches junges Mädchen, das im Wald zu Hause ist, mit den Tieren spricht und eine besondere Verbindung zur Natur hat. Laurent fühlt sich sofort zu ihr hingezogen und versucht, ihr Lesen und Schreiben beizubringen, was wiederum Kristina eifersüchtig macht. Als er Ina den Dörflern vorstellen will, reagieren diese überwiegend ablehnend, und die bigotten Frauen lassen ihrem Haß freien Lauf und versuchen Ina zu steinigen …

Die Liebesromanze zwischen dem Ingenieur und einem „Waldmädchen“ bemüht sich um eine ausgefeilte, stimmige Zeit- und Milieuschilderung, deren Verfilmung ganz auf die ansehnliche Darstellung Marina Vladys als ebenso geheimnisvolle wie unschuldig-sinnliche junge Frau zugeschnitten ist. „Die blonde Hexe“ ist eine atmosphärisch dichte Charakterstudie, deren exzellente Gestaltung, aufwendige Ausstattung und stilvolle Kameraarbeit psychologisch tiefschürfend das Schicksal eines Naturkindes sowie die Borniertheit und Bigotterie seiner Umwelt schildert.

DVD: Die blonde Hexe. Pidax Film 2019, Laufzeit etwa 95 Minuten