© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/19 / 28. Juni 2019

Kay Ray. Ausgerechnet der Travestie-Kabarettist wird Opfer des ’Kampfs gegen Rechts’.
Ruck, zuck Rassist
Markus Brückner

Im beschaulichen Monheim, da steht sie noch, die Wacht am Rhein, hält Ausschau nach dem bösen Erbfeind – längst hat den Franzosen allerdings der „politische Populist“ ersetzt. Nun schlägt sie Alarm: Der Kabarettist Kay Ray verschiebe mit seinen jüngsten Äußerungen nicht nur „die Grenzen des Diskurses in erheblicher Weise nach rechts“, er verharmlose auch noch die „Gefahr des Rechtsextremismus in unzulässiger Weise“. Kein Wunder, daß Bürgermeister Daniel Zimmermann von der Jugendpartei PETO die Tore des städtischen Kulturbetriebs für so einen Gefährder nun fest verschlossen hat. 

Dabei begann alles ganz harmlos, als vor inzwischen 54 Jahren der kleine Kai Lüdtke, heutiger Nachname David, in Georgsmarienhütte bei Osna­brück zur Welt kam. Obwohl er heute Frau und Kind hat, geriet der Friseurlehrling mit seinen Eltern wegen seiner Homosexualität in einen „Kampf“. Den aber, sagt er heute versöhnlich, „haben wir schließlich beide gewonnen“. Jung und wild zog er nach Hamburg, stürzte sich in die Szene und erprobte sich als Travestie-Entertainer – mit Erfolg: Als schriller Paradiesvogel Kay Ray begeisterte er etwa in Schmidts Tivoli, den Berliner Wühlmäusen, beim Bonner Prix Pantheon und schließlich auch im Fernsehen. Seine Live-Auftritte aber sind berüchtigt: Besucher, die zwischendurch mal müssen, verfolgt er von der Bühne bis ins Klo, zieht sich auch mal splitternackt aus. Nie kann man sicher sein, was als nächstes passiert.

Besonders gerne aber überfährt er mit Vollgas jede rote Ampel der Politischen Korrektheit: Witze über Behinderte etwa sind für ihn „Teil der Inklusion“, und der Thermomix, ist er sich sicher, werde bald verboten, da der „auch rechtsrum dreht“. Transgendersprache findet Kay Ray fürchterlich: „Ich brauch’ kein Sternchen in der Sprache und kein eigenes Klo!“ Was er auch nicht mag, sind „Politiker, die predigen wie Pfarrer“ und „Pfarrer, die Partei ergreifen“, sowie „Migranten mit Detonationshintergrund“. Oft kriege er zu hören: „Das kann man doch nicht sagen!“ Beim Publikum jedoch erntet er Applaus – Gegenwind und Kritik dagegen in etlichen Medien. Ray weiß aber warum: „Wir sind das Land der Medien-Nutten, wer nach oben will, hält die Klappe und folgt dem Mainstream.“ 

Mit dem schönen Monheim am Rhein hat er es sich nun verscherzt, weil er zuvor der Rheinischen Post zu verraten wagte, daß ihm das ewige „Rechts-

bashing“ auf die Nerven gehe: „Irgendwann steht Deutschland unter Wasser, weil die Pole abschmelzen. Doch wir merken’s nicht, weil wir wieder mal gegen Rechts demonstrieren.“ Schluß, aus! Die städtischen Kulturwerke sagten seinen Auftritt ab. Kay Ray nimmt’s allerdings gelassen, längst schon hat er doch erkannt: „Heute sagt man nur ‘Guten Abend’ – und schon ist man Rassist.“