© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/19 / 05. Juli 2019

Bambule am Beckenrand
Kein Badespaß: Die Stimmung in Deutschlands Freibädern wird immer aggressiver
Börn Harms

Breitschultrige Securitys stehen vor dem Eingang. Sie sprechen Besucher an, schauen in Rucksäcke, suchen hektisch nach versteckten Waffen oder weisen Leute ab. So sieht mittlerweile nicht nur der Alltag bei Konzert- oder Stadionbesuchen aus, sondern auch die traurige Realität vor unzähligen Freibädern. Regelmäßig kommt es zu Schlägereien und schweren Gewalttaten in den Schwimmbädern deutscher Großstädte – Sicherheit ist offenbar nötiger denn je.

Dem Verbandspräsidenten der Deutschen Schwimmmeister, Peter Harzheim, platzte nun der Kragen. „Ich bin jetzt 45 Jahre im Job“, echauffierte sich Harzheim. „Man hat einiges erlebt, aber was sich in den letzten 40 Jahren getan hat, ist doch erschreckend. Das Wort ‘Respekt’ hatte früher eine ganz andere Bedeutung als heute.“ Vor allem in den letzten zehn bis 20 Jahren habe sich das gründlich geändert. Eltern lebten ihren Kindern häufig vor, daß sie sich nichts gefallen lassen müßten. Dazu kämen kulturelle Unterschiede, etwa im Umgang mit Frauen. Es sei eine traurige Entwicklung, daß man in den Bädern immer mehr Sicherheitsleute haben müsse.

Allein der Blick auf die vergangenen zwei Wochen gibt ihm recht: In Düsseldorf mußte die Polizei gleich an zwei Tagen das Freibad schließen. Ein türkischer Familienvater soll sich am Samstag über das Verhalten von zwei Jugendlichen beschwert haben, die rücksichtslos über Handtücher gerannt seien. Der Vater betitelte die beiden laut Zeugenangaben als „Nafris“. In der Folge versammelten sich mehrere hundert Personen um die Familie und bedrohten sie. Als die Polizei hinzukam, wurde sie zur Zielscheibe. Nach Provokationen und Beleidigungen räumten die Beamten kurzerhand das Freibad. Doch bereits am Folgetag mußten sie wieder anrücken. 

Dutzende Beteiligte hatten sich wüste Schlägereien geliefert. Von ihrer Sprache und ihrem Aussehen her seien viele von ihnen nordafrikanischer oder arabischer Herkunft gewesen, gab ein Polizeisprecher am Montag zu Protokoll.

Befragung konnte ohne Dolmetscher nicht erfolgen

Im Stuttgarter Freibad sah sich die Polizei am vergangenen Samstag gezwungen, mit Pfefferspray gegen rund 50 Randalierer vorzugehen. In Gelsenkirchen stach drei Tage zuvor ein 21jähriger einen 23jährigen nieder. Der Tat sei ein längerer Streit zwischen zwei Konfliktparteien mit türkischem Migrationshintergrund vorausgegangen, hieß es von seiten der Staatsanwaltschaft. Der Messerstecher habe sich mittlerweile in die Türkei abgesetzt. Im Freibad in Haltern am See schlugen am Dienstag vergangener Woche rund 20 Jugendliche an einem Pommesstand aufeinander ein. Es flogen Stühle, Mülleimer und Fäuste. „Eine umfassende Befragung aller Beteiligten konnte vor Ort ohne Dolmetscher nicht erfolgen“, vermerkte der Polizeibericht. 

In den beiden Freibädern Kehls, an der deutsch-französischen Grenze gelegen, hat man derweil ganz andere Probleme. Jüngst hatte es in den beiden Bädern Randale gegeben, die Freizeitanlagen mußten geschlossen werden. Immer wieder sollen französische Jugendliche für Ärger gesorgt haben. Auf Nachfrage der Lokalzeitung Schwarzwälder Bote sprach die Pressestelle von einer „bestimmten Klientel“, welche in den Bädern für Unruhe sorge. Die Zeitung hakte nach, bis ein Freibad-Chef einräumte: „Die Polizei nennt sie ‘Nafris’.“ Sie stammen aus den benachbarten Straßburger Banlieues wie Neuhof und „würden häufig für Ärger sorgen. Dieses Jahr hat es sich extrem verschlimmert.“

Zumeist ist bei derartigen Vorfällen in den Medien nur von „jungen Männern“ zu lesen, andernorts von „Jugendlichen“. Einige Blätter wagen es verschämt von einer „bestimmten Klientel“ zu schreiben. „Wie zu Zeiten des Kommunismus lernt der Bürger, zwischen den Zeilen zu lesen“, bemerkt der Essayist Dushan Wegner dazu süffisant und stellt klar: „Es sind nicht die ‘schlimmen Rechtspopulisten’ mit ihren Kindern, wegen derer die Schwimmbäder vorzeitig schließen.“

Der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Gottfried Curio, gibt gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zu bedenken: „Die Ereignisse im Düsseldorfer Freibad reihen sich ein in eine ganze Palette ähnlich gearteter Phänomene in ganz Deutschland, die es in der Breite vor wenigen Jahren so noch nicht gab. Da sind Massenschlägereien zwischen arabischen Großfamilien und türkische Hochzeitkorsos – nun kommen auch noch aggressive Zusammenrottungen in Freibädern hinzu.“ 

Auch in der Hauptstadt sind die Probleme seit Jahren bekannt. Freibäder wie das Sommerbad Neukölln oder das Prinzenbad in Kreuzberg genießen einen zweifelhaften Ruf. Vor rund einem Dutzend Bäder in Berlin werden mittlerweile Eingangskontrollen durchgeführt. Laut den Berliner Bäderbetrieben verursacht das Kosten von rund 68.000 Euro – pro Monat. Für den innenpolitischen Sprecher der Berliner FDP, Marcel Luthe, sind diese Kontrollen nur mäßig erfolgreich. 

„Das Problem liegt nicht in Gegenständen, die harmlose Gäste auch zum Eigenschutz bei sich führen, sondern in der aggressiv-dominanten Geisteshaltung, die die Täter in die Bäder bringen“, erklärt Luthe der JF. Er plädiert für eine „regelmäßige Präsenz der Einsatzhundertschaften in den Problembädern, die Sicherheit vermitteln und sofort eingreifen können, wenn Gruppen versuchen, den öffentlichen Raum zu dominieren.“ Zuwanderer würden nunmal „überproportional häufig als Tatverdächtige erfaßt“, so das ernüchternde Fazit des FDP-Politikers. „Es ist also nicht überraschend, daß auch in den vor allem von jungen Leuten besuchten Freibädern viele Straftaten begangen werden.“