© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/19 / 05. Juli 2019

Religion des Friedens ist der Islam nur für Schriftgelehrte
Für die Masse zählt Gewalt
(wm)

Ist der Islam eine Religion des Friedens oder der Gewalt? Dazu stellt Jörn Thielmann (Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa) fest, daß es im Koran leider ein „irritierendes Nebeneinander“ von Versen gebe, die Frieden und Gewaltlosigkeit beschwören, und solchen, die zum Einsatz für Gott zum Töten auffordern. Auch die so berüchtigte wie „klassische“ Dschihad-Stelle in den Versen 190 bis 193 von Sure 2 („Kämpft auf dem Wege Gottes gegen die, die euch bekämpfen! [...] Tötet sie, wo immer ihr sie antrefft“) schaffe keine Klarheit (Berliner Theologische Zeitschrift, 2/2019). Denn die Passagen gehören in den historischen Entstehungskontext der Auseinandersetzung zwischen den Muslimen von Medina und ihren Feinden in Mekka, so daß sich Gewaltrechtfertigungen und Tötungs-imperative mit der Eroberung Mekkas 630 n. Chr. für gelehrte Ausleger des Korans erledigt haben. Ein Problem sei nur, daß diese Haltung des akademischen Establishments, Glaube sei heute nur Glaubensüberzeugung, unter der überwältigenden Mehrheit vor allem junger Muslime rasant an Autorität verliere. Für diese inzwischen auch in Westeuropa präsenten Massen ist der gewalttätige, terroristische Kampf gegen „Ungläubige“ die „vergessene sechste Säule des Islam“. Für sie gilt die Lesart der Dschihad-Verse, die den bewaffneten Kampf für jeden Muslim zur gottesdienstlichen Handlung erkläre. 


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