© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/19 / 12. Juli 2019

Griechen wählen konservativ
Griechenland: Die konservative Nea Dimokratia besiegt Syriza / Nachgeben bei der Mazedonien-Frage und harsche EU-Kritik schaden Alexis Tsipras’ Partei
Josef Hämmerling

Die Siegesserie rechter Parteien hat sich auch bei den Wahlen in Griechenland fortgesetzt. Mit 39,85 Prozent der Stimmen lag die liberal-konservative Nea Dimokratia (ND) deutlich über der sozialistischen Partei Syriza des bisherigen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Durch eine Besonderheit des griechischen Wahlsystems – die stärkste Patei erhält einen Bonus von 50 Sitzen – kommt die ND auf 158 Abgeordnete und hat damit eine komfortable absolute Mehrheit im 300-köpfigen Parlament. Syriza erhielt 31,53 Prozent der Stimmen und stellt 86 Abgeordnete. Die restlichen 56 Abgeordneten werden von der Sozialistischen Bewegung der Veränderung (22), den Kommunisten (15), der rechtspopulistischen Elliniki Lysi (EL) (10) und der paneuropäischen linken Partei von Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis, MeRA25, (9) gestellt.

Bereits am Montag wurde der 51jährige ND-Vorsitzende Kyriakos Mitsotakis als neuer Regierungschef vereidigt. In den Schlüsselministerien setzt der gebürtige Athener auf bewährte Namen: So wurde der frühere Vize-Finanzminister in der Regierung Antonis Samaras, Christos Staikouras, Finanzminister. Und der frühere Justizminister und Minister für Öffentliche Ordnung, Nikos Dendias, wird neuer Außenminister. Das neu geschaffene Ressort für Wirtschaft und Investitionen übernimmt Adonis Georgiadis, bisher Vize-Vorsitzender der ND.

Zum Minister für Bürgerschutz wurde der Sozialdemokrat Michalis Chrysochoidis, der unter dem sozialistischen Premier Kostas Simitis von 1999 bis 2003 schon einmal dieses Amt innehatte und für „Null Toleranz“ gegen Gewalt steht. Parteilos ist der neue Minister für Digitalpolitik, Kyriakos Pierrakakis, der unter dem sozialistischen Finanzminister Evangelos Venizelos griechischer Unterhändler bei den Verhandlungen mit der EU-Troika war. Insgesamt kommen von den 51 Mitgliedern des neuen Kabinetts drei Minister und 18 Staatssekretäre nicht aus dem Parlament.

Bereits bei den EU- und den gleichzeitigen Kommunal- und Regionalwahlen hatte sich dieser Regierungswechsel angedeutet. In 35 von 48 großen Städten stellen die Liberal-Konservativen nun den Bürgermeister. Und wie auch schon Ende Mai verloren die Linken in allen Alters- und Einkommensgruppen viele Stimmen. Die Hauptgründe für diese Niederlagen waren Umfragen zufolge die Freigabe des Namens „Mazedonien“ sowie sehr hohe Steuersätze und Sozialversicherungsbeträge, die indirekte Einziehung von Privateigentum im Zuge der Rekord-Staatsverschuldung sowie zu wenig Investitionen. 

In seiner ersten Rede kündigte Mitsotakis „einen schwierigen, aber schönen Kampf“ um die Zukunft des Landes an, dessen Ziel es sei, „das Leben jedes Griechen besser zu gestalten“. Aus diesem Grund werde es in diesem Jahr auch keine parlamentarische Sommerpause geben, „denn wir haben keine Zeit zu verlieren“. Die Fehler Tsipras’, vor allem auch im Umgang mit der EU, müßten schnellstmöglich korrigiert und das Vertrauen in das Land zurückgewonnen werden.

Tsipras gestand seine Niederlage zwar offen ein, erklärte aber, die Stimmenverluste von nur knapp vier Prozentpunkten für seine Partei zeigten, daß das griechische Volk die Arbeit seiner Regierung durchaus schätze. Syriza sei „auch weiterhin die einzig wirkliche Alternative zu den Konservativen“. Er sah den Grund für seine Niederlage in den seinerzeit notwendigen harten Einschnitten. Zudem sei er anfangs „zu naiv“ bei den Verhandlungen mit der EU gewesen und habe auf die falschen Leute gesetzt. Ohne ihn beim Namen zu nennen, war damit Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis gemeint, den Tsipras nach nur fünf Monaten aus dem Amt warf. Dieser hatte daraufhin die Partei MeRA25 gegründet, die es mit 3,44 Prozent knapp ins Parlament schaffte und Syriza wertvolle Stimmen abnahm.