© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/19 / 12. Juli 2019

Rentner beweisen ihre „Fitneß“: Neue „Sozialfiguren“ beim Flaschensammeln
Armutspolitischer Erdrutsch
(dg)

Spätestens seit 2015 werden jährlich hohe zweistellige Beträge von Steuermilliarden, dazu aufgewendet, um die Bundesrepublik zum Weltsozialamt umzubauen. Derweil kündigt Ulrich Schneider, der Leiter des Paritätischen Wohlfahrtsbundes in Deutschland, wissenschaftlich gut begründet an, daß hierzulande ein „armutspolitischer Erdrutsch“ eingesetzt habe. Im Unterschied zu allen notorisch beschönigenden „Altenberichten“ der Bundesregierung, die von neuen Generationen „aktiver und fitter Mitbürger und Mitbürgerinnen“ phantasieren, weisen Schneiders Statistiken nach, daß zwischen 2005 und 2015 die Armut bei Neurentnern, insbesondere bei Frauen, am stärksten angestiegen sei. „Flaschensammler und Rentnerinnen, die Regale in Supermärkten einräumen“, resümiert Irene Götz, Münchner Professorin für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie, „prägen als neue Sozialfiguren der Altersarmut das Bild der Städte“ (forschung, 1/2019). Götz hat, finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, seit 2013 den deprimierend „prekären Ruhestand“ von Frauen in der extrem teuren bayerischen Landeshauptstadt untersucht. Ohne freilich die politische Verantwortlichkeit für deren traurige „Lebenswelten des Zurechtkommens“ und das „Sich-laufend-einschränken-Müssen“, das als „Dauerstreß“ erlebt werde, zu thematisieren. 


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