© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/19 / 12. Juli 2019

Märchenwald fällt Windkraft zum Opfer
Hessens schwarz-grüne Regierung rettet lieber das Klima, anstatt des heimischen Waldes
Dieter Menke

Maximale öffentliche Aufmerksamkeit war den „Klimaaktivisten“ gewiß, als sie am 21. Juni ihr Blockadewochenende“ im Aachener Braunkohlerevier starteten. Ein Riesen-Tamtam mit Tagebau-Besetzung, polizeilichem Großaufgebot, Leicht- und Schwerverletzten sowie Flurschäden. Und diese hochkochende Hysterie nur, um die Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu zu bringen, den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Was für die globale CO2-Bilanz, die Deutschland ohnehin weit weniger als die USA, China und Indien beeinflußt, ohne meßbare Relevanz wäre.

Während die Öko-Bewegung im Rheinland ihr altbekanntes Theater aufführt, ist ihr eine sich in Hessen ankündigende reale Umweltkatastrophe schlichtweg egal. Dort wollen, wie es Karl Hauner in seinem auf dem Blog „Achse des Guten“ und auf der Netzseite der hessischen Bürgerinitiative „Vernunftkraft e. V.“ publizierten Weckruf formuliert, „Windkraft-Irre“ den deutschen „Märchenwald“ teilweise abholzen. Den Wald nahe Kassel, der Schulstadt der Gebrüder Grimm. Und die beim Klimaschutz sonst so schrillen Töne der Grünen, von Greenpeace und Konsorten – sie bleiben aus. Weil dieses Kosmopoliten-Lager geradezu fanatisch entschlossen ist, Natur und Landschaft in Deutschland auf dem Altar des Weltklimas zu opfern.

Worum geht es? Um den als „Märchenwald“ bekannten Naturpark Reinhardswald in Nordhessen. Ein 200 Quadratkilometer großes, über 1.000 Jahre altes „Schatzhaus unter den europäischen Wäldern“, das teils noch Urwald ist. Dieses im Staatsbesitz befindliche Areal soll zur Hälfte gerodet werden, um dort 50 gigantische Windkraftanlagen zu plazieren, 240 Meter hoch, mit Rotoren von bis zu 150 Metern Durchmesser, auf Betonsockeln, 20 Meter tief im Boden versenkt. Die schwarz-grüne Landesregierung in Wiesbaden scheint allein an den jährlichen 70.000 Euro Pacht pro Anlage interessiert. Hingegen nehmen diese profitgierigen Paten des brutalsten Öko-Kapitalismus die Zerstörung des einzigartigen Mittelgebirgspanoramas, das als sicher geltende tägliche Gemetzel, das die Rotoren unter Myriaden von Vögeln, Fledermäusen und Insekten anrichten werden, die Störung des Grundwasserhaushalts, die Bodenverdichtung, mit skrupelloser Ignoranz hin.

Da Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturschutzbund und Greenpeace die Energiewende ergeben mittragen, sind Verbandsklagen gegen das Projekt nicht zu erwarten. Karl Hauner, die „Vernunftkraft“-Anhänger sowie eine Bürgerinitiative zur Rettung des Märchenwaldes setzen daher darauf, genügend Experten zu mobilisieren, die helfen sollen, jede Anlage einzeln zu verhindern, indem durch Boden-, Wasser- und Rechtsgutachten deren Umweltschädlichkeit nachgewiesen wird.