© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/19 / 02. August 2019

Haltungsnote
Enteignung der Normalos
Gil Barkei

In deutschen Großstädten gibt es zu wenig Wohnraum für den Durchschnittsbürger: soweit kann man taz-Redakteur Paul Wrusch zustimmen. Warum ausgerechnet dieser Durchschnittsbürger als Konsequenz enteignet werden soll, überzeugt nicht. Wrusch fordert die Enteignung der Kleingärtner, um auf den Flächen der Kolonien – „allein das Wort läßt düstere Erinnerungen aufkommen“ – Wohnhäuser bauen zu können. In Wahrheit geht es ihm allerdings um die Zerstörung der Traditionen innerhalb dieser „Form von Kleinsteigentum. Der Schrebergarten ist verstaubte Bundesrepublik, ist Spießertum und Egoismus. Ist Abschottung gegen Fremde, Angst vor Veränderung und überhaupt auch oft rechts, bedenkt man die zahlreichen verwitterten Deutschlandflaggen, die über fast jeder Gartenkolonie wehen.“

Wer „Natur und Erholung in der Stadt will“ oder sein „kleines Idyll“ sucht, soll halt in den Park gehen oder aufs Land ziehen. Und wer frisches Obst und Gemüse möchte, der solle einfach im „Biosupermarkt“ einkaufen oder kleine „Urban-Gardening-Beete“ nutzen. Beim Gedanken an frohlockende grüne Oasen wie den Görlitzer Park bleibt einem das Lachen über so viel grüne Milchmädchenrechnerei im Halse stecken.