Eine Vortragsveranstaltung mit vielen Feministinnen. Sie streiten sich um den richtigen Weg zur Emanzipation und darüber, daß im Kapitalismus der weibliche Körper nur für männliche Gelüste verwertet werde. Deshalb sei eine gewisse Abschottung von der Männerwelt gar nicht falsch. 

Als zur Diskussion eine Studentin aus dem Publikum anfängt, etwas von den „Mitgliederinnen“ zu erzählen, treibt es mich endgültig aus dem Saal. Die Blase drückt, ich muß aufs Klo. Nach so viel Wortschwulst wirkt das stille Wasserlassen im Stehen auf mich wie eine doppelte Emanzipation. Da öffnet sich neben mir eine WC-Kabine und eine junge Frau mit kurzem Haar huscht hinter meinem Rücken in Richtung Waschbecken heraus.

Die Unterteilung in zwei Geschlechter sei doch überholtes Zeug von vorgestern.

„Das ist die Herrentoilette, oder?“, entfährt es mir erschrocken. Die Frage ist halb an mich selbst gerichtet. Kurz befürchte ich, mich in der Tür geirrt zu haben. Würde ich deshalb von den Feministinnen als Voyeur oder „Sexist“ wahrgenommen und womöglich gesteinigt werden? Doch meine Frage kommt bei der jungen Frau als Vorwurf an: „Ja, keine Sorge. Ich habe bei ihnen schon nicht hingeguckt.“ – „Das wäre mir völlig wurst“, antworte ich. „Am Frauenklo ist eine lange Schlange. Blödsinn, sich da anzustellen“, meint sie lapidar, während sie sich ihre Hände wäscht. 

Ich erinnere mich, wie in den Diskotheken einst Mädchen gelegentlich in den Herren-WCs verschwanden. Bei den Männern sei es auch weit sauberer als bei den Frauen, sagten sie. „Ich dachte nur einen kurzen Moment, ich hätte mich ins Damen-WC verirrt. Aber dann erinnerte ich mich daran, daß ich ja gerade an einem Pissoir stehe. Und Pissoirs gibt es in Damen-WCs gar nicht. So bemerkte ich, daß ich keinen Fehler gemacht habe“, erkläre ich mich. „Herrenklo, Damenklo, das ist doch alles völlig überholtes Zeug von vorgestern“, sagt sie und ist schon durch die Tür verschwunden.