© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 33/19 / 09. August 2019

Morde in Frankfurt und Stuttgart
Aus den Fugen geraten
Dieter Stein

Nach dem Erdbeben schlägt man auf die Seismographen ein, so Ernst Jünger einmal. Dies ist auch nach zwei erschütternden Morden zu beobachten, die Migranten in der vergangenen Woche in Deutschland verübten und die eine Welle der Empörung auslösten. Schnell wandte sich die Diskussion jedoch vom eigentlichen Thema ab und der Frage zu: Wie angemessen sind die Reaktionen auf die Taten, findet gar eine „politische Instrumentalisierung“ statt? 

Im Frankfurter Hauptbahnhof hatte am 29. Juli ein Mann aus Eritrea eine Mutter und ihren Sohn vor einen einfahrenden ICE gestoßen. Die Frau konnte sich gerade noch retten, der achtjährige Junge wurde vom Schnellzug überfahren und starb sofort. Der Eritreer lebte als Asylant in der Schweiz und war von der Polizei erst kurz zuvor zur Fahndung ausgeschrieben worden. Nur zwei Tage später massakrierte ein jordanischer Asylant, der 2015 mit gefälschter syrischer Identität nach Deutschland kam, in Stuttgart auf offener Straße einen Deutsch-Kasachen mit einem Schwert. Motiv unklar. Daß von der bestialischen Tat auch noch Handy-Videos in sozialen Medien kursierten, schockierte viele Menschen zusätzlich.

Zahlreiche Medien zögerten zunächst Stunden und sogar Tage, bis sie darüber informierten, daß es sich bei den Tätern um Ausländer handelte. Die Nachrichten überregionaler öffentlich-rechtlicher Sender unterdrückten Meldungen zur Tat in Stuttgart anfangs, weil sie ihr die „bundesweite und gesamtgesellschaftliche Relevanz“ absprachen, wie beispielsweise der Deutschlandfunk sein Schweigen begründete.

Es gibt widerliche und vorschnelle Pauschalurteile nach solchen Gewalttaten. Eine AfD-Politikerin hat einen Tweet glücklicherweise wieder gelöscht, in dem sie nach dem Frankfurter Mord verkündet hatte, sie verfluche den Tag der Geburt Angela Merkels. Der Eritreer erwarb 2006 in der Schweiz Asyl, lange Zeit vor dem von Merkel zu verantwortenden Kontrollverlust von 2015.

Trotzdem ist es richtig, daß nach Frankfurt und Stuttgart die verfehlte Migrationspolitik auf die Tagesordnung zurückgeholt wird. Die vermeintlichen „Einzelfälle“ fügen sich eben in das Gesamtbild einer aus den Fugen geratenden Gesellschaft. 

So ist es unbegreiflich, warum die deutsche Regierung sich dagegen stemmt, endlich wie andere europäische Nationen zu einem selbstverständlichen Grenzregime zurückzukehren, das einer intakten Staatlichkeit Rechnung trägt. Während die deutschen Außengrenzen offene Scheunentore sind, werden in einigen Schwimmbädern neuerdings für den Eintritt Ausweisdokumente verlangt und sollen nun nach dem Frankfurter Mord Bahnsteige mit Absperrungen versehen werden, um Reisende daran zu hindern, sich gegenseitig ins Gleisbett zu stoßen. Wer wundert sich, daß die Umfragewerte der AfD wieder steigen?