© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 33/19 / 09. August 2019

Blick in die Medien
Einfallsreiche Zitierweise
Björn Harms

Daß im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unliebsame Politiker verkürzt oder verfälscht wiedergegeben werden, scheint mittlerweile Normalität zu werden. Im ZDF-„Heute Journal“, moderiert von Claus Kleber, traf es kürzlich Boris Johnson, den neuen Premierminister aus Großbritannien. „Mister Boris Johnson setzt auch bei der Beschreibung seines eigenen Charakters die Maßstäbe lieber selbst“, leitete Kleber am 29. Juli einen Beitrag über den 55jährigen ein. Und zitierte Johnson anschließend wie folgt: „Man kann nicht ausschließen, daß in meinem Fall hinter der Fassade eines völlig durchgeknallten Idioten tatsächlich ein völlig durchgeknallter Idiot steckt.“ 

Das ZDF legt dem konservativen Politiker erfundene Worte in den Mund. 

Doch sind diese Worte tatsächlich so gefallen? Auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT gibt das ZDF eine Folge der BBC-Sendung „Top Gear“ als Quelle an, ausgestrahlt im Jahr 2010. Dort jedoch sagt der damalige Londoner Bürgermeister: „You can’t rule out the possibility that beneath the elaborately constructed veneer of a blithering idiot, there lurks a blithering idiot“. Abgesehen davon, daß die Übersetzung von „blithering idiot“ mit „völlig durchgeknallter Idiot“ sehr abenteuerlich ist (richtigerweise müßte man von einem „Vollidioten“ sprechen), zitiert das ZDF den Premier mit den Worten „in meinem Fall“. Das hat er allerdings nie gesagt. Ganz außen vor bleibt, daß Johnson im Nachsatz sogar lachend erklärt, dies gelte natürlich nicht für ihn. Das ZDF legt dem konservativen Politiker also erfundene Worte in den Mund. 

Um ihn bewußt zu diskreditieren? Die Übersetzung sei „möglicherweise etwas überspitzt“, gibt das ZDF gegenüber der JF zu, gebe „den Inhalt des Gesagten aber korrekt wieder“. Einen Fehler will der Sender nicht erkennen. Schon im Jahr 2010 bewies Johnson offenbar zu wenig Haltung. „Im Nachsatz relativiert Johnson seine Aussage mit einem Augenzwinkern, ohne sich jedoch klar davon zu distanzieren“, so das ZDF.