© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 34/19 / 16. August 2019

Der Mann vom Checkpoint Charlie
Lebendige Brücke: Ein ehemaliger Mauerdemonstrant appelliert an das Wir-Gefühl zwischen Ost und West
Thorsten Thaler

Passanten bleiben stehen, zücken ihre Handys, Touristen ihre Fotoapparate, alle knipsen den älteren Mann, der direkt am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie langgestreckt auf dem Straßenpflaster liegt, in eine Deutschlandfahne gehüllt. Über seinen Körper läuft ein weißer Papierstreifen. Er markiert den ehemaligen Grenzverlauf zwischen Ost- und West-Berlin. Es ist eine spektakuläre Aktion, mit der Carl-Wolfgang Holzapfel (75) am Montag dieser Woche große Aufmerksamkeit erregt.

Der Clou daran: Der einstige Mauerdemonstrant erinnerte damit an den 30. Jahrestag seines Protests am 13. August 1989. Damals hatte Holzapfel sich an ebenjenem Ort als „Lebendige Brücke“ quer auf den weißen Grenzstreifen gelegt. „So wie mein Körper trotz dieser Markierung ein Ganzes ist, so ist Berlin, so ist Deutschland ein Ganzes“, hatte Holzapfel seinerzeit erklärt. Den aufmarschierten DDR-Grenzern rief er am 28. Jahrestag des Mauerbaus zu: „Was strengt ihr euch so an? Den 30. Jahrestag erlebt ihr sowieso nicht mehr!“ Die über dreistündige Demonstration wurde von der Stasi gefilmt, zu sehen auf Youtube: „Der Mann vom Checkpoint Charlie“.