© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG  www.jungefreiheit.de 34/19 / 16. August 2019

Umwelt
Wende mit Verlusten
Boris T. Kaiser

Für Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sind sie Teil seiner Verkehrswende: E-Scooter. Jene Fortbewegungsmittel für beschwipste Easyjetter oder Hipster, die sich nicht die Sohlen der teuren Sneaker ablaufen wollen und die sich weigern, mit dem Arbeiterpöbel und dem Fachkräftereservoir dicht gedrängt in der U-Bahn zu sitzen. Die Politik sähe uns gerne so in eine grüne Zukunft rollen – koste es, was es wolle: „Wenn Sie ein neues Verkehrsmittel einführen, gibt es mit diesem Verkehrsmittel irgendwo einen Unfall“, verteidigte Christoph Ploß (Lebensmotto: Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal) die Elektroroller im Deutschlandfunk. Er würde diese „Elektrokleinstfahrzeuge“ nicht in Frage stellen, weil er fest glaube, „langfristig werden sie ein wichtiger Teil in der Mobilität sein“, so der 34jährige CDU-Bundestagsabgeordnete aus der Scooterstadt Hamburg.

„Immer ein Foto machen, das beweist, daß man den E-Scooter richtig abgestellt hat.“

„Schau’n mer mal“, nach diesem Franz-Beckenbauer-Motto könnte man auch die Verkehrs- und Energiepolitik der GroKo auf den Punkt bringen. In Städten wie Köln gehören E-Scooter-Unfälle inzwischen zum Alltag. Alkoholfahrten, schwere Verletzungen und Sachbeschädigungen im Straßenverkehr pflastern die Wege der E-Scooter-Raser. SPD-Vorsitzbewerber Karl Lauterbach, Mediziner und Gesundheitsökonom, sowie Behindertenvertreter plädieren daher für eine Null-Promille-Grenze beim Rollerfahren. Polizeigewerkschafter verlangen Blinker. Auch Brände in Tiefgaragen durch sich selbst entzündende Akkus sind kein Privileg von E-Autos. Im niederrheinischen Willich ist eine ganze Lagerhalle mit 100 E-Scootern abgebrannt. Ploß hat immerhin einen „guten Lösungsvorschlag“ zur Eindämmung der Straßenvermüllung durch Leih-Scooter: Wer einen Roller benutzt, soll danach ein Foto machen müssen, „das beweist, daß man den E-Scooter richtig abgestellt hat“, fordert der passionierte Nutzer des Bundestagsfahrdienstes.