Mal wieder wechselt eine Grüne in die Lobbywirtschaft. Fraktionsvize Kerstin Andreae wird nach 17 Jahren im Bundestag Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) – bis 2016 CDU- und derzeit FDP-geführt. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies hatte den Posten abgelehnt. Dies dürfte sich für den Lobbyverband als Glücksfall erweisen. Lies’ SPD ist schließlich auf dem absteigenden Ast, und den Grünen scheint in Deutschland die politische Zukunft zu gehören. Ihre Steckenpferde bestimmen den medialen Mainstream, und in den Umfragen schweben die Flugurlaubfeinde von einem Rekordergebnis zum nächsten. Auf Landesebene können sich die Grünen ihre Regierungspartner aussuchen, und sie machen das mit einer atemberaubenden Flexibilität.
Vom US-Süßwaren-fabrikanten Mars zum Cheflobbyisten des Glyphosatkonzerns Bayer.
In der Stuttgarter Villa Reitzenstein residiert seit 2011 ein grüner Ministerpräsident. Und der Ex-Maoist Winfried Kretschmann hat mehr Herzblut für die Autoindustrie als manch ergrünter Unions-, FDP-, SPD- oder DGB-Klimaretter. Andreaes lukrativer Wechsel zum BDEW, der mit 150 Mitarbeitern 1.800 Versorgungsunternehmen vertritt, ist kein Einzelfall. Inzwischen hält sich die Wirtschaft etliche grüne Imagepolierer und gut in die künftige Machtpartei verdrahtete Netzwerker wie sie. Um das aufzuzeigen, muß man nicht mal gierige alte Recken wie Rezzo Schlauch oder Joschka Fischer bemühen. 2007 wechselte der Jamaika-Vordenker und hessische Grünen-Chef Matthias Berninger 2007 aus dem Bundestag zum US-Süßwarenfabrikanten Mars Inc. Anfang dieses Jahres heuerte er beim Glyphosatkonzern Bayer an. Der fränkische Ex-MdB Hans-Josef Fell („Mister Sunshine“) lebt immerhin in einem echten Holzhaus mit Grasdach. Und als Präsident der Energy Watch Group der Ludwig-Bölkow-Stiftung sorgt er sich weiter um die Verknappung fossiler Energieressourcen.