Das meiste, was tagtäglich im Berliner Regierungsviertel passiert, ist Routine. Etwa der Besuch eines Regierungschefs aus dem Ausland im Kanzleramt. Auch als Boris Johnson kam, lief alles streng nach Protokoll: Motorradeskorte, roter Teppich, Ehrenkompanie – auch hier ein Ritual zu Ehren einer alten Seemacht – der Marine. Genauso eingespielt die kurze Pressekonferenz vor dem Troß der Journalisten. Doch wenigstens da gab es eine kleine Abwechslung, als der Gast aus London ein Zitat auf deutsch einflocht: „Ich möchte gegenüber unseren deutschen Freunden und gegenüber der deutschen Bundesregierung nur voll und ganz deutlich machen, daß wir im Vereinigten Königreich einen verhandelten Austritt wollen. Den versuchen wir herbeizuführen. Wir sind der Ansicht, daß wir das schaffen. ‘Wir schaffen das’, das ist, glaube ich der Ausdruck, nicht wahr?“ Da ging ein Raunen und Lachen durch die Runde, die Kanzlerin lächelte etwas schräg. Vielleicht wurde Merkel da bewußt: Hätte sie nicht diesen Ausdruck – oder sollte man das englische „phrase“ sogar im Deutschen mit Phrase übersetzen? – verwendet und hätte sie nicht herbeigeführt, was dieser zweckoptimistischen Floskel vorausging – wer weiß, ob sie überhaupt mit diesem schelmisch dreinblickenden blonden Besucher über ein Thema wie den „Brexit“ hätte sprechen müssen …?