© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/19 / 30. August 2019

Mantel des Schweigens gelüftet
Schweden: Erstmals seit 2005 ist eine Kriminalitätsstudie veröffentlicht worden – und die Zahlen sprechen eine klare Sprache
Christoph Ârndt

Schweden hat nach Jahren den Mantel des Schweigens in der Kriminalitätsstatistik gelüftet und im Report „Invandring och Brottslighet“ (Einwanderung und Kriminalität) erstmals seit 2005 wieder detaillierte Zahlen zur Ausländerkriminalität veröffentlicht. 

Allerdings geschah dies nicht auf Betreiben der sozialdemokratischen Justizministerin Morgan Johansson, sondern durch die Stiftung „det goda Samhället“ (etwa „Die gute Gesellschaft“), welche die Zahlen beim Rat für Kriminalprävention (BRÅ) ausarbeiten ließ. BRÅ wurde beauftragt, die Kriminalität unter Schweden und Zuwanderern im Zeitraum 2002 bis 2006 sowie 2013 bis 2017 zu erfassen, um die Zahlen mit früheren Untersuchungen vergleichbar zu machen und somit eine Zeitreihe zur Ausländerkriminalität seit 1985 zu erstellen.

Markant gestiegene Ausländerkriminalität

Seit der Jahrtausendwende war es politisch nicht opportun, den Zusammenhang zwischen Herkunft und Kriminalität in Schweden zu untersuchen oder diesbezügliche Statistiken zu veröffentlichen. Aufgrund des strengen Medienkodexes berichten schwedische Medien auch nicht über „Signalelemente“ von Tatverdächtigen oder polizeilich gesuchten Straftätern.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Zwischen 1985 und 2017 stieg die Gesamtkriminalität um 49 Prozent, obwohl die Bevölkerung Schwedens nur um 20 Prozent wuchs. Damit ist das Risiko einer Straftat ausgesetzt zu sein, um 30 Prozent gestiegen. Der Zuwachs an Kriminalität geht einher mit einer markant gestiegenen Ausländerkriminalität. 

So machen Migranten und deren Nachkommen sowie Ausländer ohne Wohnsitz in Schweden jetzt den Großteil der Tatverdächtigen und Verurteilten (58 Prozent) aus, während Schweden nur noch 42 Prozent aller Tatverdächtigen stellen. In den achtziger Jahren repräsentierten Schweden noch mehr als zwei Drittel der Tatverdächtigen, bei deutlich niedrigerer Gesamtkriminalität. 

Der Report berechnet auch die Überrepräsentation von Zuwanderergruppen nach Herkunftsregion. Bei Straftaten gegen das Leben haben Afrikaner, Westasiaten (Länder wie Afghanistan, Iran, Irak, Syrien, Türkei) und Nachkommen von im Ausland geborenen Eltern eine sieben- bis achtfache Überrepräsentation verglichen mit einem Schweden. Konkret bedeutet dies, daß 72 Prozent aller Tatverdächtigen bei Straftaten gegen das Leben Zuwanderer oder deren Nachkommen sind. Ähnliche Überrepräsentationen ergeben sich bei Raubdelikten und Sexualstraftaten. 

So verwundert es nicht, wenn Schweden laut Eurostat eines der Länder ist, wo die Bürger am häufigsten Kriminalität, Gewalt und Vandalismus wahrnehmen.