© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/19 / 30. August 2019

Knapp daneben
Das Signal von Soest
Karl Heinzen

Ein achtjähriger Grundschüler aus Soest hat innerhalb einer Woche gleich zwei nächtliche Spritztouren mit dem VW Golf seiner Eltern unternommen. Die erste führte ihn in die nähere Umgebung. Bei der zweiten traute er sich deutlich mehr zu. Auf der A44 steuerte er zunächst Dortmund an, um schließlich auf der A1 mit bis zu 180 Stundenkilometern Richtung Köln zu düsen. Der Ausflug endete, als er die Autobahn verließ und auf einen geparkten Lkw-Anhänger auffuhr. Der Junge blieb unverletzt, das Auto wurde erheblich beschädigt. Falls seine Eltern sich nun ein neues zulegen müssen, sollten sie überlegen, ob die Wahl wiederum auf eines mit Automatik fallen kann. Hätte ihr demoliertes ein Schaltgetriebe besessen, wäre ihr Sohn vielleicht gar nicht imstande gewesen, einfach loszubrausen. Da niemand zu Schaden kam, darf die Öffentlichkeit den Vorfall amüsiert zu den Akten legen. Alarmiert müssen lediglich die Fahrlehrer sein. Sie leben davon, daß ihre Schüler glauben, Autofahren sei furchtbar schwer zu erlernen. Je länger diese Unsicherheit erhalten werden kann, desto mehr Fahrstunden können am Ende in Rechnung gestellt werden. 

Bisher ist es nicht gestattet, seine Führerscheinprüfung auf Fahrzeugen mit Automatikgetriebe abzulegen.

Der Grundschüler aus Soest hat diese Illusion zunichte gemacht. Autofahren ist kinderleicht. Bislang hat die Politik verhindert, daß diese Einsicht die Honorare der Fahrlehrer schmälert, indem sie es für unzulässig erklärte, Führerscheinprüfungen auf Fahrzeugen mit Automatikgetriebe abzulegen. Dies zu ändern, hält Verkehrsminister Scheuer nun für klimapolitisch geboten. Elektrofahrzeuge haben kein Schaltgetriebe. Wer gar nicht erst lernt, mit einem solchen umzugehen, scheidet als Käufer jener Autos mit Verbrennungsmotor, bei denen man dies können muß, aus. Seine beschränkten Fähigkeiten prädestinieren ihn zum Erwerb eines E-Autos. Verzweifeln müssen Fahrlehrer aber nicht. Ein Auto zu steuern wird zwar technisch immer einfacher. Der Aufwand, Fahrschülern die um immer neue Privilegien für Fahrräder, E-Scooter, Carsharing und Busse ergänzte Straßenverkehrsordnung nahezubringen, wächst hingegen beständig. Damit läßt sich gutes Geld verdienen.