© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

Diskussion über verpflichtenden Kitabesuch
Laßt den Eltern ihr Recht!
Birgit Kelle

Keine Frage, es ist für sozialistische Gleichheitsutopien ein ständiger Affront, daß manche Menschen klüger sind als andere. Der Standortvorteil eines bildungsorientierten Elternhauses ist für deutsche Kinder ein derart entscheidender Faktor für den Bildungserfolg, daß selbst jahrelange Gesamtschulexperimente rot-grün regierter Länder nichts daran ändern konnten. Bereits vor Jahren schlug Sigmar Gabriel deswegen vor, Hausaufgaben abzuschaffen und lieber alle Kinder ganztags zwangszubeschulen, mit der für Sozialisten offenbar logischen Begründung, es sei ja unfair, daß manche Kinder zu Hause Unterstützung durch ihre Eltern hätten und andere nicht. Dieser asoziale Vorteil durch gute Eltern sollte im Namen der Bildungsgerechtigkeit weg.

Selbstredend muß man da früher ansetzen als in der Schule. Kitapflicht ab vier Jahren! Ob das eingeführt werden kann, ließ die SPD schon 1990 juristisch prüfen, freilich erfolglos. Dieses störrische Grundgesetz mit dem darin verbrieften Erziehungsrecht der Eltern stand im Weg. Heute ist man klüger, da fordert man Kinderrechte ins Grundgesetz, damit der Staat bei der Definition des Kindeswohls mitreden kann und erklärt Eltern zu fahrlässigen Bildungsverweigerern, wenn sie ihrem Kind „frühkindliche Bildung“ via Kita-Kinder-Herdenhaltung verweigern. Der Sozi an sich ist durchaus strategisch lernfähig. Zeit, daß man Eltern endlich zwingen kann.

Wie vom Himmel gefallen, eilt nun passend das aktuelle Ifo-Bildungsbarometer 2019 zu Hilfe mit dem Hurra-Ergebnis, die Mehrheit der Bürger befürworte das neue „Gute­-Kita-Gesetz“, eine Wortschöpfung wie aus der Vorhölle eines fiktiven Neusprech-Ministeriums, tatsächlich aus der Feder von Familienministerin Franziska Giffey. Außerdem befürworte ebenfalls eine „Mehrheit“ eine Kitapflicht ab vier Jahren. Ist das nicht toll, daß ein völlig unabhängiges Institut zufällig herausfand, daß die Bürger die sozialistische Regierungspolitik zum Zwangskindergarten unterstützen? Was nur nicht passen mag, ist das Umfrage-Ergebnis in derselben Studie, daß 85 Prozent der Bürger überzeugt sind, Bildungserfolg hänge vor allem von persönlicher Anstrengung ab. Anstrengung? Steht gar nicht im sozialistischen Gleichheitsplan – wohl aber im Bewußtsein der Bürger.

Wenn also ein starkes Elternhaus, das zu Anstrengung und Ausdauer in der Bildung erzieht, nachweislich die besten Bildungschancen für Kinder bringt, wäre es da nicht nahezu ein bildungsrevolutionärer Gedanke, statt in Zwangskindergarten und den Ganztag in der Schule wenigstens in den Halbtag zu Hause zu investieren? Das wäre natürlich das Ende sozialistischer „Bildungsgerechtigkeit“, aber ist die Sozialdemokratie in Deutschland nicht gerade sowieso am Ende?