© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 37/19 / 06. September 2019

Marschall Vorwärts stieß den Korsen von seinem Sockel
Zum 200. Todestag des preußischen Generals und Helden der napoleonischen Befreiungskriege Gebhard Leberecht von Blücher
Jan von Flocken

Preußens König Friedrich der Große zeigte sich äußerst ungehalten. „Der Rittmeister Blücher kann sich zum Teufel scheren!“, schrieb er am 13. Juli 1773 unter das Entlassungsgesuch des 30jährigen Husarenoffiziers. Gebhard Leberecht von Blücher nahm seinen Abschied aus der ruhmbedeckten Armee Friedrichs, weil ihm ein hochadeliger Taugenichts bei der Beförderung vorgezogen wurde. Jahrzehnte später marschierte er erneut für Preußen ins Feld – mit Pauken und Trompeten.

Beim Regiment Nr. 8., den „Roten Husaren“, tat Blücher ab 1787 wieder Dienst, wurde nach wenigen Jahren Kommandeur der Truppe und fiel seinen flinken Kavalleristen durch einen menschenfreundlichen und kameradschaftlichen Umgangston auf. Mit dem 1.200 Mann zählenden Husarenregiment nahm er 1794 an der „Rhein-Kampagne“ gegen die Republik Frankreich teil. Seit jener Zeit wurde er Gegenstand zahlreicher Anekdoten, in denen Wein, Weib, Gesang, Karten und Glücksspiel eine Hauptrolle spielen.

Nach den katastrophalen Niederlagen von Jena und Auerstedt 1806 behielt Blücher als einziger Kommandeur kühlen Kopf und lieferte den Soldaten des Kaisers Napoleon hinhaltenden Widerstand. Endlich mußte auch er kapitulieren mit dem ausdrücklichen Zusatz „weil ich kein Brot und keine Munition mehr habe“. Wenig später beging der Kaiser den kapitalen Fehler, seinen Kriegsgefangenen im April 1807 gegen einen französischen General auszutauschen.

Danach wies Blüchers Karriere steil nach oben. Sicher trug auch sein gedeihliches Verhältnis zum preußischen Königshof dazu bei. Während etlicher Besuche im Berliner Schloß befreundete sich der manchmal etwas kauzige Husar vor allem mit seiner „edlen Landesmutter“, der Königin Luise, die bis zu ihrem frühen Tod stets eine schützende Hand über den General hielt.

In Preußens Armee wurde ab 1807 gründlich aufgeräumt – auch an der Spitze. Von 143 Generalen, die 1806 im Dienst standen, waren 1812 nur noch acht aktiv, darunter auch Blücher. Er gehörte zum Kreis der Militärreformer und arbeitete dabei eng mit den Generalen Scharnhorst und Gneisenau zusammen. Ihnen gelang es, wieder ein schlagkräftiges Heer aufzubauen.

Obwohl er auf die 70 zuging, erwies sich Blücher voller Kampfeslust gegen die Franzosen. „Die Augen auf – denn ich erwarte alle Tage Feinde in meiner Nachbarschaft; zu ihrem Empfang, wer sie auch sind, halte ich mich bereit“, schrieb er. „Napoleon muß herunter von seinem Sockel.“ Er werde mit seinen Männern kämpfen „in Wort und Tat, bis wir das deutsche Vaterland von den Feinden und Unterdrückern befreit und den preußischen Namen wieder zu Ehren gebracht haben“.

1813 war es dann soweit; der deutsche Befreiungskrieg begann. Als Kommandeur der Schlesischen Armee fügte Blücher zusammen mit russischen Truppen den Franzosen mehrere empfindliche Niederlagen bei, so Ende August 1813 am Fluß Katzbach. „In diesem Augenblick habe ich die Franzosern derbe ausgehauen“, berichtete er später. Rangehen wie Blücher an der Katzbach wurde zum geflügelten Wort, ebenso wie sein ständiger Befehl an die russischen Kavalleristen: „Pascholl! Pascholl!“ (vorwärts), woraufhin die Moskowiter ihm den Ehrennamen „Marschall Vorwärts“ verliehen. In der berühmten Völkerschlacht bei Leipzig unternahmen Blüchers Regimenter den entscheidenden Vorstoß, der zum Sieg der Alliierten über Napoleon führte.

In den Feldzug von 1815 stürzte sich der mittlerweile 72jährige wie ein Berserker. Wenn er einmal kränkelte, kurierte der Marschall sich selbst mit seiner Spezialmedizin, einem Gebräu aus Knoblauchsaft und dem holländischen Wacholderschnaps Genever. Die Schlacht von Ligny verlor er, wurde dabei sogar stundenlang unter seinem eigenen Pferd begraben. Das hinderte ihn freilich nicht, zwei Tage später dem hart bedrängten Herzog von Wellington bei Waterloo im entscheidenden Moment mit seinen Truppen beizustehen und die Schlacht zu entscheiden.

Vor 200 Jahren starb Blücher hochgeehrt als legendärer Held auf seinem schlesischen Rittergut Krieblowitz. Von 77 Lebensjahren hatte er nahezu sechzig  als aktiver Soldat gedient.