© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 39/19 / 20. September 2019

Italienische Soldaten leisteten kaum Gegenwehr
Zweiter Weltkrieg: Vor 75 Jahren startete die britische Offensive zur Eroberung vieler besetzter Inseln in der Ägäis
Thomas Schäfer

Mit dem Kriegseintritt Italiens am 10. Juni 1940 wurde auch die Ägäis zum Operationsgebiet. Denn die rund 160 großen und kleinen Inseln des Dodekanes waren seit 1923 im Besitz des Königreiches. Hier befanden sich zahlreiche Militärstützpunkte, beispielsweise auf Rhodos, Karpathos, Kos, Kasos, Symi, Tilos, Patmos, Chalki, Kalymnos und Leros. Die letztgenannte Insel mit ihren ausgedehnten Hafen- und Festungsanlagen galt sogar als das „Malta der Ägäis“. Insgesamt stationierte Italien rund 40.000 Soldaten in der südöstlichen Ägäis, welche britische Landungsversuche verhindern sollten, während die Royal Navy permanent U-Boote zur Störung der feindlichen Nachschubversorgung entsandte.

Griechenland wurde in drei Besatzungszonen aufgeteilt

Nach dem deutschen Sieg im Balkanfeldzug vom April 1941 wurde Griechenland in drei Besatzungszonen aufgeteilt: Bulgarien erhielt Ostmakedonien sowie die Inseln Thasos und Samothraki. Italien stand auf dem griechischen Festland, den Ionischen Inseln am Südausgang der Adria, den Kykladen und weiteren Inselgruppen in den Nördlichen Sporaden sowie der östlichen Ägäis. Und Deutschland wiederum besetzte strategisch wichtige Gebiete an der Grenze zu Jugoslawien und der Türkei sowie die Hafenstadt Piräus. Dazu kamen einige größere Ägäis-Inseln wie Limnos, Lesbos, Chios und Milos.

Außerdem erfolgte dann im Mai 1941 noch die Luftlandung auf Kreta, womit nun auch die Bedrohung der rumänischen Ölfelder durch von dort startende britische Bomber gebannt war.

Nachfolgend herrschte in der Ägäis weitgehende Ruhe, bis am 8. September 1943 bekannt wurde, daß Italien einen Waffenstillstand mit den Alliierten geschlossen hatte. Daraufhin liefen sofort die deutschen Gegenmaßnahmen an („Fall Achse“), zu denen auch eine Besetzung der bisher von Italien kontrollierten Inseln gehörte. Gleichzeitig versuchten die Briten ihrerseits, schnell eigene Truppen auf den Dodekanes zu verlegen. Hieraus entspann sich ab dem 3. Oktober 1943 eine regelrechte Schlacht um die Inselgruppe, wobei besonders die siegreichen deutschen Landungsoperationen auf Kos („Unternehmen Eisbär“) und Leros („Unternehmen Leopard“) nachhaltige strategische Bedeutung erlangten. Bis zum 22. November 1943 kapitulierten die britischen und italienischen Streitkräfte auf sämtlichen Eilanden des Dodekanes, der sich damit nun komplett in deutscher Hand befand.

Und auch in der übrigen Ägäis wechselte nach der italienischen Kriegserklärung an Deutschland vom 13. Oktober 1943 die Kontrolle über viele Inseln. So besetzten Angehörige der 22. Infanterie-Division mit Unterstützung der Kriegsmarine bis zum 27. November 1943 die Kykladen-Inseln Andros, Antiparos, Amorgos, Delos, Ios, Mykonos, Naxos, Paros, Serifos, Syros und Santorini, wobei die dort stationierten italienischen Soldaten kaum Gegenwehr leisteten, sondern sich oftmals auf die Seite ihrer früheren Waffenbrüder schlugen und daher nicht von den Inseln evakuiert werden mußten. Darüber hinaus stand die Wehrmacht ab Spätherbst 1943 ebenso auf Skopelos, Skyros, Skiathos, Alonnisos, Fourni, Ikaria und Samos.

Wegen der Verschlechterung der militärischen Situation Deutschlands infolge des Vormarschs der Armeen der Anti-Hitler-Koalition kam es im September 1944 zu größeren Absetzbewegungen aus Griechenland und der Ägäis. Angesichts dessen startete die British Aegean Force unter Konteradmiral John Maurice Mansfield am 24. September 1944, also vor nunmehr genau 75 Jahren, eine großangelegte Offensive zur Besetzung möglichst vieler Inseln in der Region. Dabei kamen insgesamt sieben Geleitträger, sieben Kreuzer, 19 Zerstörer der 24. Z-Flottille und zahlreiche Landungsschiffe zum Einsatz. Gleichfalls an der Aktion beteiligt waren Angehörige der griechischen Kommandotruppe „Heilige Schar“. Diese unterstand dem britischen Special Air Service (SAS) und startete immer wieder heftige Attacken gegen die verbliebenen deutsch-italienischen Garnisonen. So stürmte sie noch am 2. Mai 1945 die Insel Tilos nordwestlich von Rhodos im Kampf Mann gegen Mann.

Einige Inseln blieben bis Kriegsende besetzt

Allerdings waren die immer stärker auftrumpfenden Briten und deren griechische Unterstützer nicht in jedem Falle erfolgreich. Deshalb blieben einige Ägäis-Inseln noch bis Kriegsende in deutscher Hand. Das betraf neben der „Kernfestung Kreta“, welche inzwischen freilich nur noch den Westen der Insel einnahm, auch Rhodos, Leros, Kos, Chalki, Lipsi, Megisti (bzw. Kastelorizo oder Castelrosso), Samos und Milos, wo sich insgesamt etwa 23.000 deutsche und 8.800 italienische Soldaten befanden. Die Übergabe der acht komplett besetzten Inseln erfolgte erst nach der Kapitulation der Wehrmacht – sie dauerte bis zum 11. Mai 1945. Und die letzten Angehörigen des deutschen Küstenjägerregiments, das in der Umgebung der kretischen Stadt Chania stand, sollen von den Alliierten sogar erst einen Monat nach Kriegsende entwaffnet worden sein.