© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  KG  www.jungefreiheit.de 39/19 / 20. September 2019

Umwelt
Eindringling Goldschakal
Paul Leonhard

Er ist größer als ein Fuchs, kleiner als ein Wolf, bis zu 15 Kilogramm schwer und in Südosteuropa zu Hause: der Goldschakal. Doch nun tappte das scheue Tier mit dem goldgelben Fell in heimische Fotofallen. Mitarbeiter des Thüringer Nationalparks Hainich veröffentlichten stolz erste Aufnahmen. Fast zeitgleich bestätigte das Lupus-Institut für Wolfsmonitoring in Spreewitz, daß es sich bei einem im März auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz fotografierten Tier ebenfalls um einen Goldschakal handelt. Ein einzelner Einwanderer wäre keine Zeile wert. Schließlich treiben sich vereinzelte Canis aureus seit zwei Jahrzehnten in Deutschland herum – allerdings ohne bisher, im Gegensatz zu den artverwandten Wölfen, auch nur eine einzige Population gebildet zu haben.

Wo die südosteuropäischen Zuwanderer ihre Rudel zusammenhalten, ist die Gegend wolfsfrei.

Aber jetzt vermuten Experten, daß sich die Hundeartigen wegen der wärmeren Winter europaweit ausbreiten. Die Allesfresser, die sich hauptsächlich von Fischen, Mäusen und Aas, aber auch Pflanzen ernähren, sind damit willkommene Botschafter des Klimawandels. Die Sichtung auf dem Bundeswehrübungsgeländer in der Muskauer Heide dürfte Spekulationen nähren, daß in Deutschland eine neue Säugetierart ansässig werden könnte, denn es war ebenfalls ein Militärgelände bei Prag, auf dem 2018 erstmals in Mitteleuropa eine Goldschakal-Vermehrung nachgewiesen wurde. Eine Ansiedlung der geschützten Tierart würde zu Lasten der schon durch Fuchs, Marderartige, Marderhund und Waschbär in ihrem Bestand gefährdeten Bodenbrüter gehen. Diese dürften nur überleben, wenn es den Wölfen gut geht. Denn diese töten Goldschakale. Wenn vor Dörfern demnächst Tiere in einer hohen Tonlage und schnellen Folgen heulen, kann man beruhigt sein: Wo Goldschakale ihre Rudel zusammenhalten, ist die Gegend wolfsfrei.