© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/19 / 27. September 2019

Britisches Gericht kippt Zwangsbeurlaubung des Parlaments
Wenn Richter Politik machen
Thorsten Brückner

Die Trennung von Exekutive und Judikative gehört zu den zentralen Merkmalen eines modernen demokratischen Rechtsstaats. Die Gewaltenteilung wird dann ausgehebelt, wenn Politiker sich zu Richtern oder, was häufiger vorkommt, Richter sich zu Politikern aufschwingen. Die Entscheidung des britischen Premierministers Boris Johnson, eine Parlamentspause bis Mitte Oktober anzusetzen, war eine politische Entscheidung, die aufzuheben das Gericht nicht befugt war. Einmal mehr haben sich die elf Richter am Obersten Gerichtshof somit zu politischen Akteuren im Brexit-Prozeß gemacht.

Ohne die Aktivisten in den schwarz-gelben Roben wäre das Land heute längst nicht mehr EU-Mitglied. Schließlich war es der Oberste Gerichtshof, der das Mandat, das die Regierung für den Austritt direkt vom Volk erhalten hatte, verwässerte, und dem Parlament das letzte Wort zubilligte. Die Mehrheit im Unterhaus hat in den vergangenen Monaten wiederholt klargemacht, daß ihr der Wille einer Mehrheit des britischen Volkes vollkommen egal ist. Solche Parlamentarier zu Wächtern über den EU-Austritt zu machen, ist, wie einem Alkoholiker die Aufsicht über einen Schnapsladen zu geben. Das Vertrauen der Briten in ihre Demokratie wird durch solche Urteile nur noch weiter beschädigt. Ein Grund mehr für Johnson, Kurs zu halten und das Vereinigte Königreich wie versprochen zum 31. Oktober aus der EU zu führen.