© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/19 / 27. September 2019

„Hochwertige“ Inhalte fördern
Alternative Angebote haben das Nachsehen: Facebook & Co. bauen ihre Medien-Kooperationen aus
Gil Barkei

Der zunehmende Nachrichtenkonsum junger Menschen über soziale Medien verändert nicht nur Technik und Ästhetik der Beiträge (JF 38/19), sondern auch die Online-Netzwerke, die dadurch immer mehr zu Presse-Plattformen werden. 

So integriert Facebook momentan in den Vereinigten Staaten einen gesonderten „News“-Bereich, eine Art Nachrichtenkanal für Nutzer. „Hochwertige und vertrauenswürdige“ Artikel sollen so gefördert werden, hatte Facebookgründer Marc Zuckerberg bereits Ende April angekündigt. Mit dabei sind allerdings nur ausgewählte altbekannte Medienpartner, wie ABC, New York Times, Bloomberg und die Washington Post. Die Zulieferer sollen dabei die volle Kontrolle über ihre Inhalte behalten, also auch entscheiden können, ob die Zuschauer beziehungsweise Leser auf Facebook bleiben oder zu den jeweiligen eigenen Netzseiten umgeleitet werden. Damit die Medienhäuser auf Facebook publizieren, lockt das US-Unternehmen mit Geld. Bis zu drei Millionen Dollar jährlich ist Facebook bereit zu zahlen, wenn die Verlage den „News Tab“ mit Beiträgen bestücken.

Der Haken: Facebook kann mißliebige alternative Angebote über die Partnerschaften einfach aussortieren. Zuvor hatte das soziale Netzwerk Nachrichteninhalte generell noch zugunsten von Freundesbeiträgen heruntergestuft. Mit der neuen Regelung erhalten ausgesuchte Anbieter eine prominent sichtbare Pla­tzierung zurück, während unberücksichtigte Stimmen benachteiligt bleiben. 

Tech-Konzerne werden zu „Gatekeepern“

Wann und mit welchen deutschen Medien die Funktion auch in Deutschland startet, ist noch unklar. Für sein Angebot „Facebook Watch“ hat der Konzern dagegen bereits deutsche Partner gewinnen können. Springer, Burda und Gruner + Jahr liefern exklusive redaktionelle Videoformate. Aus Frankreich ist die Zeitung Le Monde bei dem Projekt dabei, das die Verlage an Werbeeinnahmen im zweistelligen Millionenbetrag beteiligen will.

Auch Youtube intensiviert seine Zusammenarbeit mit TV-Sendern und klassischen Verlagen, die zunehmend Bewegtbilder für sich entdecken. „Wir versuchen, für Newsangebote spezielle Flächen auf Youtube zu schaffen, in die nur hochwertige Nachrichtenquellen hereinkommen“, sagt Youtubes Direktor für Partnerschaften in Zentraleuropa, Andreas Briese, im Interview mit dem Branchendienst Kress. „Wir helfen den Verlagen, ihr Publikum auf Youtube zu finden, Reichweite aufzubauen und Geld zu verdienen.“ Dazu gebe es „persönliche Workshops und nationale beziehungsweise internationale Arbeitsgruppen“. 

Ein Service des „Youtube-Partnerships-Teams“, von dem regierungskritische patriotische Kanäle angesichts von Löschungen und Reichweiteneinschränkungen (JF 38/19) nur träumen können. Die Internetkonzerne erhalten so eine neuartige „Gatekeeper“-Rolle. In welche politische Richtung die stärkere Kooperation zwischen Medienunternehmen und Online-Plattformen führt, zeigt das Beispiel der Zusammenarbeit von Vice und Snapchat. Vice startete Mitte August auf der App das Format #wirsnappenbunt. Das Ziel: junge Menschen über Rechtspopulismus aufklären und eine Generation zeigen, die „ihre Zukunft in einer offenen Gesellschaft gestalten möchte“. Auch Spiegel und Bild sind auf Snapchat aktiv. Parallel zu täglichen „News-Snaps“ startete Bild erst kürzlich ein viertes Format. Neben Basketball, Fußball und Autos bietet Ableger Fitbook Trainings- und Fitneßtips an.

Auf Instagram bauen viele Pressevertreter ebenfalls ihr Engagement aus. Immer wichtiger dabei neben Grafiken, Fotos und Verlinkungen zu Online-Artikeln: Videos für die Story-Funktion und IGTV. Eines der ersten Projekte, das sich auf Instagram als Kanal konzentrierte, war die „Mission: Truth“ der Axel-Springer-Akademie. Darin porträtierten die aktuellen Volontäre, deren Ausbildung Ende 2019 abschließt, fünf Wochen lang „außergewöhnliche“ internationale Journalisten, die ihrer Meinung nach eine besondere Rolle für die Meinungsfreiheit spielten. Unter den vorgestellten Reportern waren zwar Pulitzer-Preisträger und Kriegsreporter, jedoch kein Vertreter der ebenfalls global aktiven rechtskonservativen Szene. Eine Themen- und Protagonistenauswahl, an die sich die Nutzer der sozialen Medien bei den neu aufgestellten Presseangeboten gewöhnen sollten.

Daß es von den Plattformen aber auch ins klassische lineare Fernsehen gehen kann, zeigt der Stern. Dessen Youtube-Debattenformat „Diskuthek“ läuft künftig beim Nachrichtensender n-tv, der wie der Verlag Gruner + Jahr  zu Bertelsmann gehört. Das Projekt wird von der „News Initiative“ von Youtube-Mutter Google teilfinanziert.