© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

Die Todgeweihten grüßen uns
Islam-Aussteiger leben gefährlich: Wie die Freiheit von Ex-Moslems besonders bedroht wird
Laila Mirzo

Wir haben eine schnellwachsende Minderheit in Deutschland, die „Ex-Muslime“. Menschen, welche die Fesseln der Unterdrückung gesprengt und dem Islam den Rücken gekehrt haben. Für die einen sind sie Verräter, für die anderen sind sie mutige Vorreiter, gar Helden. In jedem Fall sind sie aber Todgeweihte. Denn der Islam hat keine Ausstiegsklausel. Wer den Islam verläßt, hat dem Islam den Krieg erklärt. Denn viele Muslime sehen Atheismus als eine „Krankheit“ und betrachten Konvertiten als „Überläufer“.

Das Scharia-Recht verlangt bei Apostasie die Todesstrafe. Wer nach eindringlicher Aufforderung zur „echten Reue“ nicht umkehrt und sich wieder bedingungslos zu Allah und seinem Propheten Mohammed bekennt, ist vogelfrei. Richter und Henker ist dabei jeder rechtgläubige Muslim. Die Bestrafung für diesen Frevel kann nicht bis zum Tag des Jüngsten Gerichts warten, die Antwort der Umma folgt prompt und unbürokratisch. Schließlich hat Allahs Prophet Mohammed selbst befohlen: „Wer seine Religion ändert, den tötet“ (Hadith aus Sahih al-Buchari Nr. 6922).

Deutlicher kann sich die Angst der Umma nicht manifestieren. Die Einheit der islamischen Glaubensgemeinschaft muß um jeden Preis gewahrt bleiben. Die „Ridda“, der Abfall vom Islam, darf um keinen Preis Schule machen. Wer aus der Reihe tritt, ist ein Verräter und muß mit entschiedener Härte bestraft werden. Denn seit seinen Anfängen befindet sich der Islam im Krieg. Im Krieg gegen die Ungläubigen und im Krieg mit den Zweiflern in den eigenen Reihen.

Nach dem Tod Mohammeds schlitterte der Islam unvermittelt in eine existentielle Krise. Die Bindung der Menschen zum Islam war sehr fragil und bei vielen an die Person Mohammeds gebunden. Mit seinem Tod kehrten sich viele arabische Stämme vom Islam ab und huldigten wieder ihren alten Göttern. Mohammeds Nachfolger, der Kalif Abu Bakr, mußte auf die Revolte reagieren und führte eine Reihe von „Ridda-Kriegen“ gegen die abtrünnigen Stämme. Dieser Bürgerkrieg kannte nur eine Parole: „Mit uns oder gegen uns!“

Apostasie ist eine offene Auflehnung gegen Allah und Hochverrat an der Umma. Die Todesstrafe ist somit die einzig legitime Antwort auf solch einen Frevel. Prominenter Verfechter der Todesstrafe bei Apostasie ist der ägyptische TV-Scheich Yusuf al-Qaradawi. Sein Islamstudium hat der Prediger an der Al-Azhar-Universität in Kairo absolviert, der höchsten sunnitischen Institution. Sein Wort hat Gewicht, er zählt zu den einflußreichsten Imamen der arabischen Welt. In einem Interview aus dem Jahr 2013 gab al-Qaradawi zu:

„Wenn sie die Todesstrafe bei Apostasie abgeschafft hätten, gäbe es heute keinen Islam mehr. Der Islam hätte mit dem Tod des Propheten aufgehört zu existieren. Also hat das Festhalten an der Todesstrafe bei Apostasie geholfen, den Islam bis heute zu erhalten.“

Gewalt und Repressionen müssen Ex-Muslime auch hier in Deutschland erfahren. Meistens geschehen die Übergriffe innerhalb der Familie. Kaum etwas gelangt nach draußen. Viele Opfer haben Angst davor, ihre Familie zu verlieren, würden sie sich an die Polizei oder an die Öffentlichkeit wenden. Diese Menschen brauchen eine Stimme, und eine davon ist der bekennende Ex-Muslim Amed Sherwan. Nach Angaben der Säkularen Flüchtlingshilfe e. V. wurde der säkulare Aktivist Anfang September auf offener Straße attackiert und verletzt.

Wir Ex-Muslime wissen, daß er Glück im Unglück hatte. Er hätte auch tot sein können. Und die treue Umma hätte seinen Tod bejubelt und den Mörder als Helden gefeiert. Wir Ex-Muslime wissen, daß wir für die Freiheit unser Leben als Pfand eingetauscht haben. Laut Scharia sind wir lebende Tote. Das Urteil wurde bereits über uns gesprochen, wir leben nunmehr auf Kredit.

Ich nehme deshalb den deutschen Staat in die Pflicht, uns zu schützen! Und damit meine ich nicht Personen- oder Polizeischutz, sondern das Ende der Zusammenarbeit mit tendenziösen Organisationen. Wer den Zentralrat der Muslime bei der Islamkonferenz an den Tisch holt, deckt auch für die Muslimbruderschaft auf. Und wer ernsthaft über die Anerkennung des Islam als öffentlich-rechtliche Körperschaft debattiert, setzt den Vertrag zur systematischen Verfolgung aller Ex-Muslime auf. Denn wenn der Islam den Status einer Kirche erlangt, bekommt er auch die Steuerhoheit über seine Mitglieder. Das Zentralorgan der islamischen Glaubensgemeinschaft würde umfassenden Zugriff auf die Meldedaten der Muslime erlangen.

So wird es jedenfalls in Österreich gehandhabt, wo seit 1912 das sogenannte „Islamgesetz“ den Islam zu einer mit der katholischen und evangelischen Glaubensgemeinschaft gleichgestellten Kirche macht. In der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) steht zusammenfassend geschrieben, daß bei allen Muslimen, die im Melderegister das Religionsbekenntnis „Islam“ angegeben haben, die Mitgliedschaft bei der IGGÖ „vermutet wird“. Dabei handele es sich um eine „deklaratorische Erklärung“, welche jedoch aktiv durch einen Widerspruch entkräftet werden muß. Wenn sich Menschen also nicht mehr zum Islam zugehörig fühlen, müssen sie aktiv austreten. Diese Menschen könnten in den sozialen Medien an einen öffentlichen Pranger gestellt und gesellschaftlich geächtet werden. Die Reaktion auf ihren Austritt gehen von Beleidigungen bis hin zu körperlicher Gewalt. Auch Morde an Ex-Muslimen sind angesichts des Erstarkens des orthodoxen Flügels in Deutschland zu erwarten. Denn Islam-Aussteiger sind eine Gefahr für den Islam. Ihr Mut könnte auch andere „infizieren“.






Laila Mirzo, Jahrgang 1978, ist deutsch-syrische Ex-Muslimin und warnt vor dem Islam. Mirzo lebt in Österreich und arbeitet als Trainerin für interkulturelle Kompetenz.