© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

Gretas Komsomolzen
Radikalisierung: Gewaltbereite Linksextreme versuchen, bei den Klima-Protesten Fuß zu fassen
Felix Krautkrämer

Die Sicherheitsbehörden hatten schon länger gewarnt: Gewaltbereite Linksextremisten könnten die Klima-Proteste dazu nutzen, um unter dem Deckmantel der „Fridays for Future“-Bewegung ihre eigene radikale Agenda zu verfolgen. Schließlich ist das Thema Umweltschutz seit der Anti-Atomkraftbewegung eher links besetzt und Tummelplatz verschiedener Gruppierungen, die auch vor dem Einsatz von Gewalt nicht zurückschrecken. Erinnert sei beispielsweise an die Castor-Proteste, bei denen Linksradikale unter der Parole „Schottern!“ zur Sabotage an den Bahngleisen aufriefen. Und auch bei den Protesten gegen den Braunkohleabbau in der Lausitz oder die Rodung im Hambacher Forst gaben radikale bis militante Linke den Ton an. 

Doch die Warnungen stießen bei den Verantwortlichen von „Fridays for Future“ nicht wirklich auf offene Ohren. Stattdessen warfen sie den Behörden vor, sie wollten die Demonstrationen bloß diskreditieren. Als die Polizei Aachen im Juni davon abriet, sich an einer Klimademonstration in der Stadt zu beteiligen, da die Veranstaltungen von gewaltbereiten Gruppierungen wie „Ende Gelände“ instrumentalisiert werden könnten, beklagte Carla Reemtsma, eine der Sprecherinnen der „Fridays for Future“-Schulstreiks, dies ziele nur darauf ab, die Klimaschutzbewegung zu spalten und zu kriminalisieren.

Jedoch: Wie berechtigt die Sorge vor linksextremen Aktionen im Schatten der Klima-Proteste durchaus ist, zeigt ein Brandanschlag auf den öffentlichen Nahverkehr Berlins am vorvergangenen frühen Montagmorgen. Nur drei Tage nach den deutschlandweiten Klima-streiks zündeten Unbekannte einen Kabelschacht im Südosten der Hauptstadt an. Massive Störungen im S-Bahn- und Regionalverkehr waren die Folge. Die Tatsache, daß sich Linksextremisten zu der Attacke bekannten, erlangte über die Berliner und Brandenburger Regionalmedien hinaus allerdings kaum Bekanntheit, schließlich nannten sie ein klares Motiv: die Unterstützung der „Fridays for Future“-Bewegung. „Zu einem richtigen Generalstreik gehören auch Blockaden und feurige Sabotageaktionen“, hieß es in einem im Internet veröffentlichten Bekennerschreiben. „Menschen, die nicht pünktlich zur Arbeit, zur Schule, zur Universität kommen, verursachen einen wirtschaftlichen Schaden“, begründeten die mutmaßlichen Brandstifter ihre Tat. „Wir sind uns bewußt, daß gegen uns gehetzt wird, militante Aktionen seien nicht ‘friedlich’. Wir sind uns bewußt, daß man versuchen wird, zwischen friedlichem Protest auf der Straße mit 100.000 Menschen am Freitag und Sabotageaktionen den Keil der Distanzierungsaufforderungen zu treiben. Aber: Sachen empfinden keine Gewalt!“ 

„Aktionsmethoden müssen sich zuspitzen“

Konfrontiert mit dem Anschlag reagierte „Fridays for Future“ eher wortkarg. Luisa Neubauer, führender Kopf der Proteste und sonst nicht gerade für verbale Zurückhaltung bekannt, sagte dem Tagesspiegel lediglich: „Wir rufen auf zu einem friedlichen und gewaltfreien Protest.“ 

Wenige Tage zuvor hatte Neubauer noch zu „Formen des zivilen Ungehorsams“ bei den Klimastreiks aufgerufen. Sie stieß damit ins selbe Horn wie die „anarchokommunistische“ Gruppierung „Die Plattform“, die forderte: „Die Klimagerechtigkeitsbewegung muß sich weiter radikalisieren, die Aktionsmethoden müssen sich zuspitzen und über symbolischen Protest hinausgehen.“ Der Traum einer klassenlosen Gesellschaft müsse endlich Wirklichkeit werden, der Kapitalismus verschwinden. 

Mit ihren Äußerungen bestätigen die radikalen Anarchisten eine Einschätzung des Hamburger Verfassungsschutzes vom April, in dem dieser der linksextremen Szene vorwarf, es gehe ihr bei der Beteiligung an den Klimaprotesten in erster Linie gar nicht um den Umweltschutz, sondern darum, „ihre extremistischen Positionen auch in demokratische Kreise zu transportieren“. Die Verfassungsschützer erwähnten damals ausdrücklich die Interventionistische Linke (IL), deren Sprecherin Emily Laquer und das Bündnis „Ende Gelände“. Laquer hatte sich auch schon im März an dem Schülerstreik in Hamburg beteiligt, zu dem auch Greta Thunberg gekommen war. Dort forderte sie, den Energieversorger Vattenfall zu enteignen. Schon damals bestätigte das Bundesamt für Verfassungsschutz auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT, daß Gruppierungen wie die IL versuchten, in der „Fridays for Future“-Bewegung Fuß zu fassen. Schon im Oktober 2018 warnte die Behörde: „Das Thema ‘Klimaschutz’ ist seit Ende 2014 aufgrund der politischen Diskussion über eine angestrebte Energiewende und die damit einhergehende geplante Stillegung von Kohlekraftwerken zunehmend in das Blickfeld von Linksextremisten gerückt.“ Und weiter: „Insbesondere junge Menschen sollen über das populäre Thema ‘Klimaschutz’ sowie über die Protestaktionen gegen die ‘Profitmaximierung der Großkonzerne’ angesprochen, politisiert und langfristig an die linksextremistische Szene gebunden werden.“ 

Genau deshalb ist die „Fridays for Future“-Bewegung für Gruppen wie die IL so attraktiv. Denn die IL, die zu den einflußreichsten linksextremen Bündnissen in Deutschland zählt und für ihre Gewaltbereitschaft bekannt ist, versucht laut Verfassungsschutz seit Jahren, durch „gezielte taktisch-strategische Bündnisarbeit mit Nicht-Extremisten“ linksextremistische Agitation über die eigene Szene hinaus anschlußfähig zu machen. Dabei fungiere sie „als Bindeglied sowohl innerhalb des linksextremistischen Spektrums als auch zwischen Extremisten und Nichtextremisten“, warnt das Bundesamt und spricht von einer gefährlichen „Scharnierfunktion“. Es scheint so, als habe die IL mit den Klimastreiks der „Fridays for Future“-Bewegung das ideale Betätigungsfeld gefunden.