© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

Flecken auf der weißen Weste
Illegale Migration: Die Kritik an Open-Arms-Gründer Òscar Camps wächst
Wolfgang Bendel

Òscar Camps, der Gründer der Nichtregierungsorganisation (NGO) Proactiva Open Arms, die es sich zum Ziel gesetzt hat, „Flüchtlinge aus dem Mittelmeer zu retten“, ist ohne Zweifel eine schillernde Figur. Ursprünglich hatte sich der 1963 in Barcelona geborene Camps mit seiner Firma Pro-Activa Serveis Aquàtics maritimen Dienstleistungen gewidmet. Dazu gehörten die Bereitstellung von Rettungsschwimmern und andere Hilfestellungen bei Unfällen auf dem Meer.

Mit dem Ausbruch der Flüchtlingskrise fand er schnell ein weitaus größeres und lukrativeres Geschäftsfeld, nämlich die Rettung von „Schutzsuchenden“, die im Mittelmeer in „Seenot“ geraten waren. Vor allem sein Schiff „Open Arms“ kam weltweit in die Schlagzeilen, als es wegen der an Bord befindlichen illegalen Migranten zu einem Streitobjekt zwischen den Mittelmeeranrainerländern Italien, Frankreich und Spanien wurde. 

Mit Preisen überhäuft, doch Mitarbeiter klagen

Für seine Aktivitäten bekam Camps im Laufe der Jahre zahlreiche Preise. Unter anderem erhielt er 2015 die Auszeichnung „Katalane des Jahres“ von einer Regionalzeitung aus Katalonien, während die bekannte US-amerikanische Publikumszeitschrift Reader’s Digest ihm 2019 den Titel „Europäer des Jahres“ verlieh. In den vergangenen dreieinhalb Jahren half er nicht weniger als 59.000 illegalen Einwanderern bei der Überfahrt über das Mittelmeer beziehungsweise die Ägäis. Tatsächlich begann er seine Karriere als „Flüchtlingsretter“ vor der griechischen Insel Lesbos.

In letzter Zeit wurden allerdings Vorgänge und Handlungsweisen bekannt, die Camps in einem weniger vorteilhaften Licht erscheinen lassen. Die Rede ist vom Verhalten des Kapitäns seinen Angestellten und freiwilligen Helfern gegenüber. Auch der persönliche Lebensstil von Camps geriet in die Kritik. So berichtete die spanische Zeitung El Mundo erst kürzlich: „Andere Freiwillige der NGO, darunter einige, die mit Camps in Proactiva arbeiten, sprechen auch über die Besessenheit des Geschäftsmannes, ‘immer im Rampenlicht zu stehen’ und Marketingkampagnen zu organisieren, um Geld zu sammeln, indem er andere Solidaritätsorganisationen, die in den gleichen Bereichen wie Open Arms tätig sind, leer ausgehen läßt.“ 

Die spanische Online-Zeitung Okdiario berichtet unterdessen: „Camps zahlte bis vor wenigen Monaten rund 4.168 Euro im Monat für zwei Hypotheken und die Miete einer Luxusvilla.“ Und an anderer Stelle wird ergänzt: Im einzelnen habe der Chef von Open Arms, einer von George Soros’ Open Society Foundations geförderten NGO, ein Stadthaus bei Mataró, einen Palast in Girona und ein weiteres Design-Chalet in der Nähe der ostspanischden Hafenstadt Dénia (Alicante).

Das bereits von El Mundo erwähnte egozentrische Verhalten von Camps wird bei Okdiario von anderen Weggenossen bestätigt: „Wir alle teilen das gleiche Ziel, nämlich zu helfen und Leben zu retten, und es spielt keine Rolle, ob es der eine oder andere tut. Aber Camps wollte immer die Rolle als alleiniger Protagonist übernehmen. Wo immer es eine Kamera gab, war er der erste.“ 

El Español, eine andere weitverbreitete spanische Online-Zeitung, berichtet ihrerseits, daß Camps und seine Organisation Open Arms sich weigern, ihre Jahresabschlüsse öffentlich vorzulegen und die Fragen zu beantworten, wie viel die Rettungsaktionen kosten und wieviel öffentliche Mittel die NGO erhält. Dies verstoße laut El Español gegen die spanische Stiftungsgesetzgebung. Camps bestreitet den Vorwurf finanzieller Unregelmäßigkeiten, ohne auf Einzelheiten einzugehen.

Eine weitere Meldung aus demselben Online-Portal läßt einen bezeichnenden Blick auf einen anderen Aspekt des Unternehmers Óscar Camps zu. Im Zusammenhang mit juristischen Auseinandersetzungen zwischen Camps und einem ehemaligen Angestellten schreibt El Español: „Camps rächt sich an dem Rettungsschwimmer, der es ihm vor  Gericht gegeben hat. Der einflußreiche Gründer von Pro-Activa Serveis Aquàtics, der mit der NGO Open Arms zur Rettung von Migranten und Flüchtlingen eine humanitäre Seite pflegt, weigert sich, den Arbeiter, den er wegen dessen Beitritts zur CGT-Gewerkschaft entlassen hatte, wieder einzustellen.“

Schwierigkeiten mit ehemaligen Mitarbeitern seiner Firma seien keineswegs selten, wie Camps daraufhin in einem Interview mit der Zeitung La Vanguardia sagte. Seit er über eine gewisse „Popularität“ verfüge, hätten die Anzeigen bestimmter Gewerkschaften gegen ihn zugenommen.

 www.openarms.es/en

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