© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

Die Linke setzt auf Sieg
Portugal: Große Unbekannte bei den kommenden Parlamentswahlen sind die Sonstigen
Laurentino da Silva

Im Mai brachte eine Regierungskrise die sozialistische Minderheitsregierung von Ministerpräsident António Costa fast ins Straucheln, als der Linksblock seine parlamentarische Unterstützung aufgeben wollte. Hintergrund war ein Streit um kräftige Erhöhungen bei den Lehrergehältern, die die Sozialisten abgelehnt hatten. Bereits im April mußte die Regierung wegen eines Streiks der Lastwagenfahrer, die Gefahrgüter transportieren, den Energienotstand ausrufen. Nun werden in Portugal am 6. Oktober bei der Wahl zur Nationalversammlung die Karten neu gemischt. Die großen Fragen dabei sind: Kann Costas Minderheitsregierung, die von den Kommunisten, dem Linksblock und der linksökologischen Tier- und Umweltschutzpartei PAN toleriert wird, ihren Kurs fortsetzen? Oder kann die Sozialdemokratische Partei (PSD), die in Allianz mit der zentristischen Volkspartei (CDS-PP) bei der Parlamentswahl 2015 stärkste politische Kraft wurde, aber die absolute Mehrheit verlor, das Ruder herumreißen? Und welche Rolle spielt die im April gegründete Rechtspartei CHEGA! („Es reicht!“) um ihren Vorsitzenden André Ventura?

Ihr wird laut Umfragen zumindest ein Sitz im Wahlkreis Lissabon vorausgesagt. Auch im Wahlkreis Porto ist ein Sitz für CHEGA! nicht ausgeschlossen. Es wären die ersten Deputierten aus dem rechten Spektrum im portugiesischen Parlament seit der Nelkenrevolution von 1974, als das Regime von Salazar und Caetano vom Militär entmachtet wurde.

Die rechte CHEGA! hofft auf ein, zwei Sitze

Zentrale Programmpunkte von CHEGA! sind neben der auch in Portugal an Virulenz gewinnenden Flüchtlingsproblematik eine Zurückdrängung des Staates, die Entbürokratisierung der Wirtschaft sowie die Verringerung der Steuerlast.Ventura erklärte in einem Interview zum Wahlantritt seiner Gruppe: Man trete bei den Parlamentswahlen an, um „denen Hoffnung zu geben, die rechte, christliche und demokratische“ Werte haben. Man wolle „vor allem verhindern, daß die Linke und die extreme Linke“ in den nächsten vier Jahren wieder regieren könnten.

Ein halbes Jahr nach den Turbulenzen steht die Regierung Costa gerade aufgrund einer erfolgreichen Sparpolitik gut da. Letzten Umfragen zufolge können die regierenden Sozialisten mit einem Sieg (38 Prozent) rechnen. An zweiter Stelle, aber mit erheblichen Verlusten, folgen die Sozialdemokraten (24 Prozent). Zu den Siegern dürften die Volkspartei (fünf Prozent) und die Linksökologen (vier Prozent), zu den Verlierern der Linksblock (zehn Prozent) und die orthodoxen Kommunisten (6,8 Prozent) gehören. Große Unbekannte sind die Sonstigen mit knapp 14 Prozent.