© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

Unsichere Opposition
USA: Während die Republikaner beim Thema Amtsenthebungsverfahren den Druck umleiten, suchen die Demokraten Geschlossenheit
Marc Zoellner

Noch am Wochenende ruderte Mark Amodei zurück: „In keinster Art und Weise habe ich Unterstützung für eine Amtsenthebungsklage angedeutet“, erklärte der republikanische Spitzenpolitiker, der den Staat Nevada im US-Repräsentantenhaus vertritt, brüskiert in einem Telefonat mit Journalisten. 

Er reagierte damit auf Zeitungsmeldungen, die zum Ende vergangener Woche berichtet hatten, Amodei sei der erste Republikaner, welcher den Vorstoß der oppositionellen Demokraten unterstütze, US-Präsident Donald Trump im Zuge der Ukraine-Affäre juristisch aus dessen Amt zu hieven. Der Widerruf Amodeis kommt Trump dabei besonders gelegen – nicht nur, weil der versierte Jurist zur Präsidentschaftswahl von 2016 als Trumps treuer Wahlkampfleiter in Nevada fungierte. Es deutet sich weiterhin an, daß die Republikanische Partei auch in der jüngsten Krise geschlossen hinter ihrem Präsidenten stehen wird.

„Was derzeit vor sich geht, ist der größte Betrug in der Geschichte der amerikanischen Politik“, erklärte Trump, die Offensive suchend, seinen Anhängern sogleich in einer auf Twitter verbreiteten Videobotschaft. „Wir versuchen, den Sumpf an Korruption in Washington auszutrocknen. Jetzt versuchen sie, mich zu stoppen, denn ich kämpfe für euch. Doch das lasse ich niemals geschehen.“ 

Mit Kevin McCarthy weiß Trump dabei einen wortgewaltigen wie seriösen Mitstreiter an seiner Seite. „Die wichtigsten Fakten, die wir wissen, sind folgende“, entlastete der Vorsitzende der Republikaner im Repräsentantenhaus den US-Präsidenten am Montag. „Der angebliche Informant war beim Telefonat gar nicht anwesend; und das Weiße Haus hat die Abschrift des Gesprächs veröffentlicht, welche eindeutig beweist, daß der Präsident nichts getan hat, was eine Amtsenthebung rechtfertigen würde.“

Tatsächlich sehen viele Republikaner den eigentlichen Skandal auf der anderen Seite der Medaille gelegen: Nicht in jenem Anruf Trumps vom 25. Juli dieses Jahres, in welchem der US-Präsident seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj darum bat, die Ermittlungen gegen Hunter Biden, den Sohn des unter Barack Obama amtierenden Vizepräsidenten Joe Biden, wieder aufzunehmen. Sondern eben im Umstand, daß Joe Biden in seiner Funktion als damaliger Vizepräsident maßgeblich auf die im März 2016 erfolgte Amtsenthebung des damaligen ukrainischen Staatsanwalts Wiktor Schokin hingearbeitet hatte. 

Schokin war zu jener Zeit in Untersuchungen gegen den zypriotisch-ukrainischen Erdgasriesen Burisma Holdings involviert, dem Korruption und massive Unterschlagung staatlicher Gelder vorgeworfen wurden – und in dessen Führungsriege auch Hunter Biden für ein Honorar von 50.000 US-Dollar monatlich gesessen hatte. Mit Schokins erzwungener Entlassung verliefen die Ermittlungen der ukrainischen Staatsanwaltschaft gegen Burisma Holdings sowie Hunter Biden im Sande, bis sie im Dezember 2017 eingestellt wurden.

Für Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, steht fest: Trumps Aufrollen dieses Themas stellt einen Frontalangriff auf Biden als einen der aussichtsreichsten Mitbewerber zur US-Präsidentschaftswahl dar. Doch selbst ihre eigenen Reihen deuten nur eine knappe Mehrheit im Parlament für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren an – mindestens 17 der 235 demokratischen Abgeordneten verweigern sich bislang.