© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Die britische Regierung hat erklärt, daß sie kein Gesetz gegen den Verzehr von Hunden und Katzen erlassen werde. Auf eine entsprechende Nachfrage im Parlament antwortete ein Sprecher des Kabinetts, daß man Klagen wegen fehlender „kultureller Sensibilität“ fürchte; aus Ostasien eingewanderte Bevölkerungsgruppen könnten sich diskriminiert fühlen.

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Die Bahn funktioniert nicht, der Ausbau des Straßenverkehrs nicht, die Bundeswehr nicht, das Gesundheits- und das Bildungswesen nicht, die Abwehr illegaler Zuwanderung nicht, die Eindämmung der Kriminalität nicht. Nach einer Umfrage des Deutschen Beamtenbundes glauben nur noch 34 Prozent der Bürger, daß der Staat seinen Aufgaben und Problemen gewachsen ist, 61 Prozent betrachten ihn als überfordert. Die Daten weisen eine erstaunliche Homogenität auf. Beunruhigend optimistisch sind nur die Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren (42 Prozent gegen 54 Prozent) und die Beamten (60 gegen 38 Prozent; nicht die Angestellten im Öffentlichen Dienst), während dem einfachen Mann das Ausmaß des Desasters klar vor Augen steht (27 Prozent gegen 68 Prozent).

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Bildungsbericht in loser Folge CXXIII: Der Verband Bildung und Erziehung hat darauf hingewiesen, daß die Zahl der gewaltsamen Übergriffe auf Grundschullehrkräfte dramatisch wächst. Schlagzeilen machte der Fall einer Lehrerin, die von ihrem Zögling krankenhausreif gebissen wurde. Wer nun denkt, daß man mit solchen Feststellungen einen ersten Schritt zwecks Abhilfe vorbereitet, wird allerdings enttäuscht. Denn auf der Suche nach Lösungen kommt die Kinder- und Jugendpsychologin zu Wort, die erklärt, daß es sich bei solchen Attacken um die Folge tiefsitzender „Ohmachtsgefühle“ der Knirpse handele, auch um solche, die sehr weit zurückliegen könnten, und der „Schulhund“ ist kein scharfer Hasso, der die Herde umkreist, sondern ein Therapieschnuff, der gähnend aus seinem Körbchen im Klassenzimmer klettert und sich neben eventuelle Streithähne stellt, die dann sofort wissen, daß sie etwas falsch gemacht haben.

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Niemand käme auf die Idee, sich von einem Teenie Börsentips geben zu lassen, Kaufempfehlungen für ein Auto oder auch nur Ratschläge zum Bohnenziehen im heimischen Garten. Aber wenn es um die Rettung des Planeten geht, ist das natürlich etwas ganz anderes.

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An der Priory School in Lewes, East Sussex, hat die Leitung den Rock verboten. Im Namen der Gleichheit all dessen, was Menschenantlitz trägt, soll nun jeder junge Mann und jede junge Dame in Hosen herumlaufen. Gegen die Proteste, die sich im demonstrativen Röcketragen niederschlugen, ging man konsequent vor: Für die jungen Damen, die auf weiblicher Kleidung beharrten, wurde der Zugang gesperrt.

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Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung veröffentlichte eine Würdigung Klaus Theweleits aus Anlaß der Neuausgabe von dessen „Männerphantasien“; Überschrift: „Der Feminist“. Passender wäre: „Der Wirrkopf“.

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Die Zahl der Kinder, die zwei Franzosen der Herkunft nach als Eltern haben, ging weiter zurück. Die Abnahme betrug zwischen 2018 und dem Vorjahr 1,4 Prozent. Ihr Anteil liegt damit noch bei gut 68 Prozent gegenüber 88 Prozent im Jahr 1964, und 77,6 Prozent im Jahr 2000. Im Durchschnittlich bekommt eine Frau, die selbst in Frankreich geboren wurde, 1,65 Kinder, eine Frau mit Migrationserfahrung 3,12.

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Es gibt neuerdings eine gewisse Sensibilität für die Folgen von Political Correctness an den deutschen Universitäten. So weit, so gut. Aber bevor man allzu dankbar auf solche Einsicht reagiert: Es galt schon in den 1970er Jahren als Ausweis liberaler Toleranz, wenn ein Nichtmarxist einen Lehrstuhl am Fachbereich Soziologie erhielt, in den achtziger Jahren ging der Auftritt eines Unionspolitikers an einer Hochschule nördlich der Mainlinie nie ohne Pfeifkonzert, Blockade und Eierwurf über die Bühne, in den 1990er Jahren brauchte ein so unliebsamer Gelehrter wie Ernst Nolte bewaffneten Polizeischutz, wenn er Vorlesungen hielt. Insofern ist der Gesinnungsterror alles andere als neu und nur die logische Konsequenz der linken Endsiege im Kulturkampf, über dessen Methoden, Strukturen, Geldgeber man nach wie vor nicht spricht.

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In einer Arte-Dokumentation über die Finanzierung der Muslimbruderschaft und anderer islamistischer Gruppen durch das Emirat Katar kommt auch der Imam aus Poitiers zu Wort, dessen Moschee errichtet wurde, wo Karl Martell 732 den Vormarsch der Araber aufgehalten hat. Erstaunlich freimütig bekundet er im Interview, daß es heute zwar nicht mehr um den Heiligen Krieg als bevorzugtes Mittel gehe, aber sein Gebetshaus selbstverständlich eine „Etappe“ auf dem Weg zur „Re-Islamisierung“ des Kontinents bilde.


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 18. Oktober in der JF-Ausgabe 43/19.