© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/19 / 04. Oktober 2019

Reales Leben und Fiktion vermischt
Urheberrechte verletzt: Ex-Punks aus Leipzig protestieren gegen den Ch. Links Verlag
Paul Leonhard

Der Ch. Links Verlag hat derzeit ein Imageproblem. Eigentlich rühmt sich der Berliner Verlag, mit seiner im März erschienenen Comicroman „Anders Sein – Der Punk im Schrank“ ein spezielles Kapitel der DDR-Jugendkultur aufgearbeitet zu haben. Derzeit muß er aber erleben, wie die Protagonisten der einstigen Punkszene gegen ihn Sturm laufen, weil die Autoren des Buches unseriös Realität und Fiktion vermischt hätten, so daß Unschuldige in den Geruch der Stasi-Mitarbeit gerieten. Überdies werden Verleger Christoph Links Urheber- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorgeworfen. Ohne Genehmigung habe der Verlag „unsere Biographien“ verarbeitet, heißt es in einem offenen Protestschreiben der früheren Mitglieder der DDR-Punkszene Bernd Stracke, Jürgen „Chaos“ Gutjahr, Thomas „Reudnitz“ Hirsch und Maik „Ratte“ Reichenbach: „Wir Punks der ersten und zweiten Generation in Leipzig sind in dieser Publikation ohne unsere Zustimmung abgebildet und mit vermeintlichen O-Tönen zitiert worden.“

Erschwerend kommt hinzu, daß der Verlag zwar auf Nachfrage Fehler und Mängel eingeräumt, aber „kurzfristig und einseitig das Zustandekommen eines bereits vereinbarten gemeinsamen Gesprächs zwischen den Geschädigten und den Verantwortlichen des Buches“ verhindert habe. 

Man sei fassungslos und entsetzt, schreiben die früheren Mitglieder der Punkbands H.A.U., Wutanfall und L’Attentat sowie Jakob „Schrammel“ Geisler, Kurator der Wutanfall-Ausstellung der BStU-Außenstelle Leipzig und die Historikerin Ulrike Geisler, Projektleiterin der Ausstellung „Wutanfall – Die Punkband im Visier der Stasi 1981 – 1984“. Der Comic bestehe zum Großteil aus eins zu eins abgemalten Fotos, ohne daß die Rechteinhaberin dazu angefragt worden sei. Auch leide das Ansehen bestimmter Personen Schaden, da der Autor einerseits auf „Module realer Biographien“ zurückgreift, aber andererseits diese verfremdet: „So wird in der Band Haftung, die als zweite, vermeintlich fiktive Band neben Wutanfall im Comic eingeführt wird, der Bassist als IM dargestellt.“ Daraus könnte geschlußfolgert werden, daß der wirkliche Bassist tatsächlich Stasi-Spitzel gewesen sei, was er aber nachweislich nicht war. „Dies ist besonders verheerend, da der reale IM durch das besonders kaltblütige Ausmaß seines Verrats und seiner Popularität in der Leipziger Szene bis heute ein bisher nicht aufgearbeitetes Thema in Leipzig darstellt.“ 

Der Leser dieses Comics, so die Ex-Punks, habe keine Chance, zwischen den wirklichen Leben/Biographien und der Fiktion der Autoren zu unterscheiden.“