© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/19 / 11. Oktober 2019

Eine Mehrwertsteuersenkung ist das beste Konjunkturprogramm
Die Gunst der Stunde
Bruno Hollnagel

Die Konjunktur schwächelt. Beim Wirtschaftswachstum war Deutschland im zweiten Quartal Schlußlicht in der Eurozone. Wir sind auf dem Weg in eine Rezession: Firmenabwanderungen, sinkende Auftragseingänge, Gewinneinbrüche, Kurzarbeit, Entlassungen, die US-Zollpolitik und der Brexit verheißen nichts Gutes. Steuerausfälle und letztlich Mehrausgaben durch höhere Sozialausgaben sind unausweichlich, den Bürgern drohen Wohlstandsverluste. Es gilt daher, sich zu wappnen.

Ein beliebtes Politinstrument sind dann Konjunkturprogramme. Diese zielen aber nur auf ausgewählte Wirtschaftszweige. Der gesamtwirtschaftliche Vorteil bleibt unklar. Oftmals haben die Maßnahmen planwirtschaftlichen Charakter. Sie bergen deshalb die Gefahr von Kapitalfehllenkungen in sich. Und so mancher nutzt unter solchen Voraussetzungen die Gunst der Stunde, um ohnehin geplante Ausgaben zu tätigen. Solche Mitnahmeeffekte sind schon häufig beobachtet worden. Sie dämpfen die volkswirtschaftliche Wirkung der Konjunkturprogramme. Werden Wirtschaftsbereiche zusätzlich stimuliert, die bereits an ihren Kapazitätsgrenzen arbeiten (wie derzeit das Bauwesen), so gibt es nur einen Effekt: Preissteigerungen.

Abbau von Bürokratie, verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Firmen oder Investitionen und Forschung und Entwicklung, eine schnellere Verwertung von Ideen oder eine Verbesserung der Infrastruktur mögen positive Effekte haben. Offen bleibt jedoch, wann diese eintreten – möglicherweise zu spät? Die Politik sollte daher vorausschauend handeln. Geeignete Konjunkturmaßnahmen müßten schon jetzt auf den Weg gebracht werden.

Aber wie können rasch positive Wohlstandseffekte erreicht werden? Optimal wäre es, würde die Kaufkraft der Einkommen und Ersparnisse steigen – Konsum könnte so stimuliert, Investitionen befördert werden. Durch eine Senkung der Mehrwertsteuer wäre dies einfach zu erreichen. Das würde allen zugute kommen, weil es alle Bereiche der Binnenwirtschaft entlastet. Kapitalfehllenkungen wären nicht zu befürchten, da kein planwirtschaftlicher Staatseingriff erfolgt.

Aktuell könnte die Mehrwertsteuer von 19 auf den EU-Mindestsatz von 15 Prozent bzw. von sieben auf fünf Prozent (ermäßigter Satz) gesenkt werden. Das würde die Bürger um jährlich etwa 50 Milliarden Euro entlasten. In dem Betrag ist berücksichtigt, daß der Bund Steuerausfälle bei Ländern und Kommunen ausgleicht. Angesichts einer damit einhergehenden Aktivierung eines Teils der Sparguthaben dürfte die Nettobelastung für den Bundeshaushalt tatsächlich geringer ausfallen. Das Geld für eine Mehrwertsteuersenkung wäre jedenfalls (noch) vorhanden.






Dr. Bruno Hollnagel, Ökonom und Wirtschaftsingenieur, ist AfD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Finanzausschuß.