© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

Aufgeschnappt
Alternative zur Linde
Matthias Bäkermann

Seit etlichen Jahren pflegt man in der Gegend um Dresden den schönen Brauch, alljährlich einen „Jahrgangsbaum“ für die Neugeborenen in der jeweiligen Gemeinde zu pflanzen. Dazu gibt es stets einen kleinen Festakt mit Honoratioren und Anwohnern, bei dem speziell die Eltern mit den jüngsten Einwohnern im Mittelpunkt stehen.  

In diesem Jahr stand diese Tradition in Cossebaude im Nordwesten Dresdens an. Als Pflanzort hatte der Ortschaftsrat einen zentralen Dorfplatz auserkoren, was die Vertreter der AfD zum Vorschlag animierte, diesmal eine Linde zu setzen. Die grüne Ratsfrau Ines Schreiber witterte darin sofort einen nationalistischen Ausfall. „Das wollen Sie doch nur, weil die Linde ein deutscher Baum ist“, giftete die Lokalpolitikerin. Selbst der Hinweis, daß die Tilia platyphyllos in ganz Mitteleuropa verbreitet sei, brachte die Grüne nicht vom Gegenvorschlag ab, im Dorfzentrum lieber einen Amerikanischen Trompetenbaum pflanzen zu lassen. Linke, Grüne und auch mehrere CDU-Abgeordnete fanden diesen Gedanken plausibel und stimmten gegen den völkischen Lindenbaum. Nun wird in Cossebaude das frühfrostempfindliche Gehölz vom Mississippi eine Heimat finden. Das rot-grüne Zeichen gegen Rechts zollt damit zugleich auch dem in Sachsen anstehenden Klimawandel Tribut.